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Rechte Parteien: Kameraden aus dem Tritt

Putsch, Geldprobleme und Ärger mit dem Staatsanwalt: Während die Parteien noch um ein NPD-Verbot streiten, zerlegen sich die Rechtsextremen selbst.

Von Frank Jansen

Der Tumult vom Wochenende wirkt symbolisch. Auf dem Parteitag der Thüringer NPD in einem Lokal nahe Ronneburg gab es heftigen Streit, nur mit Mühe wehrte Landeschef Frank Schwerdt einen Putsch von Neonazis ab. Dann kam auch noch die Polizei, die der Wirt gerufen hatte, und machte dem Treffen ein Ende. Einmal mehr wurde deutlich, dass die NPD seit Monaten in einer schweren Krise steckt. Interne Konflikte und staatlicher Druck hätten die Partei „fast schon paralysiert“, sagt ein Verfassungsschützer. Wenn das so weitergehe, „zerlegen die sich noch selbst – und ein Verbotsverfahren wird überflüssig“.

Das mag Wunschdenken der vielen Verfassungsschützer sein, die einem zweiten Antrag beim Bundesverfassungsgericht skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Doch der desaströse Zustand der NPD wird im Streit zwischen SPD und Union um ein weiteres Verbotsverfahren nur am Rande erwähnt. Dabei zeigt sich schon in Thüringen nahezu exemplarisch, woran die rechtsextreme Partei derzeit krankt. Die Stichworte lauten: Machtkämpfe, Finanzkrise und immer mehr Ärger mit der Justiz.

Der interne Konflikt zwischen Neonazis und älteren NPD-Funktionären schwelt bundesweit. In Thüringen versuchte nun der ehrgeizige Thorsten Heise, eine mehrfach vorbestrafte Hardcore-Figur, den Landesvorsitzenden zu stürzen. Obwohl Frank Schwerdt den Neonazis stets nahestand und der Thüringer Verband 2007 um 300 Mitglieder wuchs – und damit die NPD bundesweit knapp an die Spitze des rechtsextremen Parteienspektrums katapultierte. Außerdem sitzen sowohl Heise wie Schwerdt im Bundesvorstand der Partei. Doch Schwerdt ist nun geschwächt – mit gerade 60 Prozent wurde er am Sonnabend als Landeschef wiedergewählt. Auch Heise steht als Verlierer da. Aus NPD-Sicht kein gutes Omen für den Bundesparteitag, der Ende Mai in Bamberg stattfinden soll.

Udo Voigt, der die NPD seit 1996 führt, sieht sich mit einer zunehmend ungeduldigen Opposition konfrontiert. Obwohl die Partei unter Voigts Führung reichlich Neonazis integrierte und der Sprung in die Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gelang. Doch der Einzug in die Parlamente war nur möglich, weil die NPD mit der ungeliebten, spießig-deutschnationalen DVU Wahlabsprachen traf, die Anfang 2005 in den „Deutschland-Pakt“ mündeten. Er sieht unter anderem vor, dass die NPD zugunsten der DVU auf die Landtagswahlen 2009 in Thüringen und Brandenburg verzichtet. Voigt will sich daran halten, doch in der Partei nimmt der Unmut zu, da man der siechen DVU nicht viel zutraut. Eine Revision des Pakts forderte kürzlich Udo Pastörs, als Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern ein Schwergewicht in der Partei. Andreas Molau, Ende Januar NPD-Spitzenkandidat bei der Wahl in Niedersachsen, überlegt sogar eine Kampfkandidatur gegen Voigt beim Bundesparteitag. Aus Unzufriedenheit über den Pakt und Voigts Kurs überhaupt.

Den Parteichef belastet auch, dass Schatzmeister Erwin Kemna, ein enger Vertrauter, wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil der NPD seit Februar in Untersuchungshaft sitzt. Die Staatsanwaltschaft Münster wirft ihm vor, 627000 Euro aus der Parteikasse abgezweigt zu haben. Kemna bestreitet dies, doch kam zumindest eine abenteuerliche Buchführung ans Tageslicht. Und die Bundestagsverwaltung setzt die Partei unter Druck, weil in der Affäre um falsche Spendenabrechnungen bei der Thüringer NPD der Verdacht aufkam, auch woanders seien Staatsgelder erschlichen worden.

Erwin Kemna ist nur einer von zahlreichen NPD-Funktionären mit strafrechtlichen Problemen. Verfahren sind unter anderem anhängig gegen Udo Voigt, Frank Schwerdt, seinen Rivalen Thorsten Heise, den Parteisprecher und Brandenburger Landeschef Klaus Beier, den Hamburger NPD-Vorsitzenden Jürgen Rieger, Vorstandsmitglied Jens Pühse und den ehemaligen Abgeordneten des sächsischen Landtags, Matthias Paul. Verfassungsschützer spotten, wenn die NPD die multikulturelle Gesellschaft als „multikriminell“ schmähe, wäre vielleicht erst mal nach dem Strafregister des Personals der eigenen Partei zu fragen.

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