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© ddp

Rechter Rocker: Bierzeltfolklore und Bürgerschreck

Ein hoher NPD-Funktionär ist Mitglied der Rockergang Bandidos. Es gibt verstärkte Kontakte beider Szenen.

Von Frank Jansen

Berlin - Er ist eine wuchtige Erscheinung, groß, breit, kräftig, im Gesicht prangt ein schwarzer Vollbart. Mit Sascha Roßmüller kann die bayerische NPD ein Mannsbild vorweisen, das den Klischees der Bierzeltfolklore entspricht. Doch nun stellt sich heraus, dass der stellvertretende Landesvorsitzende der rechtsextremen Partei auch einer Gruppierung angehört, die zu deutschkerniger Propaganda so gar nicht zu passen scheint. Roßmüller ist führendes Mitglied der Rockergang „Bandidos“, einer in den USA gegründeten Bürgerschrecktruppe, der in Deutschland auch Nichtdeutsche angehören, zum Beispiel Türken. Und es vergeht kaum eine Woche ohne Schlagzeilen über den Rockerkrieg zwischen den Bandidos und den Hells Angels. Gekämpft wird mit enormer Brutalität um Märkte der organisierten Kriminalität, von Rotlicht bis Drogen- und Waffenhandel. Die NPD hingegen beschränkt sich bislang auf die Liaison mit rechtsextremen Schlägern. Kommt nun mehr?

Der bayerische Verfassungsschutz schaut sich den Fall Roßmüller genau an, zumal die Behörde auch die organisierte Kriminalität und die dort aktiven Rockerclubs beobachtet. „Es ist immer gefährlich, wenn ein Funktionär einer extremistischen Gruppierung mit Verbindung zu einem gewaltbereiten Milieu auch noch mit dem Umfeld der organisierten Kriminalität in Kontakt steht“, sagt ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz. Es sei aber bislang keine strategische Zusammenarbeit zwischen Rechtsextremisten und Rockern zu erkennen. Auch Sicherheitsexperten außerhalb Bayerns sprechen von punktuellen Kontakten. Doch harmlos sei das Thema nicht.

Im Oktober 2009 verhinderte die Polizei in Schleswig-Holstein ein Konzert, das rechtsextreme Bands mit Hilfe der Bandidos veranstalten wollten. Bereits im Februar hatte die Berliner Polizei das Konzert der Potsdamer Gruppe „Preussenstolz“ in Räumen des Motorradclubs Walhalla 92 aufgelöst. Sicherheitskreise verweisen zudem auf Kontakte von NPD-Funktionären aus Rheinland-Pfalz zu Rockercliquen. Als brisant gilt die Verbindung zwischen dem von Schleswig-Holstein aus agierenden, vorbestraften Neonazi-Anführer Peter Borchert und dem Spektrum der Bandidos. Borchert war selbst der NPD zu rabiat. Sie schloss ihn 2003 aus der Partei aus, nachdem er als Chef des Landesverbandes Schleswig-Holstein einen ultraradikalen Kurs eingeschlagen hatte.

Der Bayer Sascha Roßmüller hingegen gibt sich nach außen gemäßigt. Er verließ 2009 den Bundesvorstand der NPD, weil ihm Parteichef Udo Voigt suspekt wurde. Auf den Fotos im Internet, die Roßmüller als Bandido im Kreis weiterer Rocker zeigen, spreizt er indes die Finger der linken Hand, das sie wie ein Revolver aussieht. Sicherheitsexperten erinnern auch daran, dass Roßmüller gedroht hat, „dereinst werden andere in Nürnberg hängen“. In Nürnberg waren nach den Kriegsverbrecherprozessen hochrangige Funktionäre des Naziregimes am Galgen gestorben.

Für die NPD ist der Fall Roßmüller peinlich. Zumal der Bayer bereits seit 2002 in der Rockerszene steckt. Erst war er Mitglied des MC Gremium in Straubing, 2009 trat er mit Kumpanen zum MC Bandidos Regensburg über. Als Roßmüllers Hobby jetzt der rechten Szene bekannt wurde, hagelte es Schmähungen. „Ein großer Teil dieser Banditengang besteht aus ganz üblen Kanakenvisagen“ und „Herr Roßmüller mittendrin bei Drogenhandel, Prostitution und Kinderpornogeschäft. Abartig!“ sind typische Kommentare. Eher ironisch wirft ein Rechtsextremist ein, „jeder soll in seinem Mofaclub selig werden“. Die Bandidos seien „politisch problematisch“, sagt ein Sprecher der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag, für die Roßmüller als Berater tätig ist. Der Bayer musste sich gegenüber Fraktionschef Holger Apfel erklären, doch Sanktionen blieben aus. Und NPD-Bundesgeschäftsführer Klaus Beier windet sich, er sehe „keine Eilbedürftigkeit“.

Roßmüller hingegen bekennt sich mühelos zu den Bandidos. „Ich bin kein eindimensionaler Apparatschik, mich gibt’s auch als Privatmensch“, sagt er. Der multikulturelle Touch der Bandidos stört ihn nicht, „ich hatte auch mal einen Türken als Fußballkameraden“. Und von kriminellen Aktivitäten der Rockergruppe „weiß ich nichts“. Welches Motorrad er fährt? „Was in diesen Kreisen üblich ist: eine Harley-Davidson.“

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