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Rechter Wahlkampf in Bayern

© ddp

Rechter Wahlkampf: Neonazis kandidieren in Bayern mit Tarnlisten

Die Neonazis tragen weder Bomberjacke noch Springerstiefel, wenn sie für die Kommunalwahlen in Bayern auf Stimmenfang gehen. Vor allem die Diskussion über "kriminelle Ausländer" ist für rechte Parteien ein gefundenes Fressen.

Zwischen Touristengruppen läuft ein Mann mit dicker Daunenjacke vor dem Münchner Rathaus auf und ab. Auf Brust und Rücken trägt er ein großes gelbes Plakat mit der Aufschrift "Pro München - Kriminelle Migranten Abschieben". Der grauhaarige Herr spricht vor allem ältere Menschen an, die mit Einkaufstüten über den Marienplatz hasten. Er verschenkt Zeitungen, bittet eifrig um Unterschriften.

In München, Nürnberg und Fürth betreiben Neonazis derzeit aktiv Wahlkampf - auch wenn sie nicht immer auf den ersten Blick als solche erkennbar sind. Nach Angaben des bayerischen Verfassungsschutzes kandidieren Rechtsextreme in München und Nürnberg auf Tarnlisten. In beiden Städten will die NPD unter dem Namen "Bürgerinitiative Ausländerstopp" (BIA) antreten.

In München gab es allerdings Krach bei der radikalen Rechten, die sich dort mittlerweile gespalten hat. Neben der BIA kämpft nun auch die Initiative "Pro München" mit einer Kampagne gegen den Bau der Sendlinger Moschee um den Einzug ins Stadtparlament. Sie bezeichnet sich selbst als überparteiliche rechtsextreme Sammelbewegung - hat laut Verfassungsschutz derzeit aber weniger als 50 Mitglieder.

Neonazis konzentrieren ihre Aktionen auf Städte

Für eine Zulassung zur Wahl benötigen die rechtsextremen Gruppen in München bis 21. Januar jeweils 1000 Unterschriften. Die hat "Pro München" mittlerweile zusammen. Die BIA sei davon "definitiv noch weit entfernt", sagt ein Verfassungsschutz-Sprecher. In Fürth sieht die Lage für die NPD ähnlich schlecht aus. Nur in Nürnberg hat sie einen leichteren Start. Denn die BIA ist seit der Kommunalwahl 2002 mit NPD-Landeschef Ralf Ollert im Stadtrat vertreten und braucht keine Unterschriften.

Die Neonazis konzentrieren ihre Aktivitäten auf die Städte. "Es ist nicht auszuschließen, dass sie auch in irgendeinem Dorf antreten wollen", erläutert der Sprecher. In kleineren Orten sei es für die Rechtsextremen jedoch noch schwieriger, die nötigen Unterschriften zusammenzubekommen. So will die NPD beispielsweise in Pappenheim in Mittelfranken zur Kommunalwahl antreten. Von den 80 benötigten Unterschriften hatte sie am Dienstag erst zwölf.

Seriöses Auftreten als Strategie

Zur Strategie der Neonazis gehört nach Angaben des Leiters der Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus des Bayerischen Jugendrings, Friedrich Burschel, seriöses Auftreten. "Oft sind sie nicht ohne weiteres zu erkennen", sagt er. Sie betrieben professionelle Öffentlichkeitsarbeit. Dabei greifen die Neonazis laut Burschel aktuelle Debatten auf.

Ihren Schwerpunkt setzen Neonazis im Wahlkampf auf das Thema kriminelle Ausländer. "Es ist für die Rechtsextremisten ein gefundenes Fressen, dass die bürgerlichen Parteien ähnliche Töne anschlagen", sagt Burschel und fügt hinzu: "Es wird eine Stimmung erzeugt." Einige könnten sich entschließen, lieber "das Original" zu wählen.

Kathrin Hedtke[ddp]

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