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Politik: Rechts gegen rechts

Nach dem Scheitern der NPD-Demonstration in Berlin gibt es Streit in der braunen Szene

Von Frank Jansen

Berlin - Das Scheitern der Berliner NPD-Demonstration vom Sonntag versetzt die rechtsextreme Szene in Rage. Nachdem tausende Nazi-Gegner verhindert haben, dass die am Alexanderplatz von der Polizei abgeschirmten NPD-Anhänger marschieren, sinnen Neonazis auf Vergeltung – und hadern mit der NPD. Schon am Abend ließ die Szene Dampf ab. 100 Neonazis aus Thüringen und Bayern unterbrachen in Dessau die Rückfahrt aus Berlin und versuchten, ein linkes Jugendzentrum zu stürmen.

Die Rechtsextremisten sprangen gegen 22 Uhr im Stadtzentrum aus drei Bussen und marschierten grölend in Richtung Dessau-Nord. Dort befindet sich das „Alternative Jugendzentrum (AJZ)“, das über Dessau hinaus als Treffpunkt der Linken bekannt ist. Zahlreiche Einwohner alarmierten über den Notruf die Polizei. „Wir waren von der Spontandemonstration völlig überrascht“, sagte der Sprecher der Polizeidirektion Dessau, Jochem Steinbiß, am Montag dem Tagesspiegel. Die Neonazis hätten am AJZ „Randale machen wollen“.

Den eilig zusammengetrommelten Polizeikräften sei es einige hundert Meter vor dem AJZ gelungen, die Neonazis aufzuhalten. Diese hätten schließlich ohne Widerstand ihre Busse bestiegen und seien zur Autobahn A 9 zurückgefahren, so Steinbiß. Weitere Spontandemonstrationen habe es im Bundesgebiet nicht gegeben, sagten Sicherheitsexperten. Im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf sammelten sich ehemalige Mitglieder der im März verbotenen Kameradschaft „Berliner Alternative Süd-Ost“ zu einem Marsch, gaben dann aber angesichts der massiven Polizeipräsenz auf.

Nach dem Scheitern der NPD-Demonstration vom Sonntag, dem für die rechte Szene enorm symbolträchtigen 60. Jahrestag des Endes der bewunderten NS-Diktatur, geraten außerdem gewaltbereite Neonazis und NPD aneinander. Die Redaktion der in der Szene viel gelesenen Homepage „freier-widerstand.net“ hält der Partei vor, sie hätte sich in Berlin „konsequent zeigen müssen und die Demonstration beginnen lassen müssen“. Dann wird der Neonazi-Anführer Christian Worch mit zitiert, „dass leichter Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt bei rechtswidrigen Handlungen der Polizei nicht strafbar ist“. Doch die NPD habe, so die anonyme Redaktion des „freien Widerstands“, gar kein Interesse an einer Demonstration gehabt. Es sei der Partei „nur um Medienrummel“ gegangen. „Dass die Demokraten jetzt einen Sieg gegen uns in der Hand haben und dass Antifaschisten nach langer Zeit wieder geschafft haben, eine unserer Demonstrationen komplett zu verhindern, ist der NPD völlig egal“, heißt es weiter. Dann folgt ein Vorwurf, der die NPD hart trifft: Die Partei habe „ganz klar gezeigt, dass sie im Kampf um die Straße nicht weiter benötigt wird“. Der „Kampf um die Straße“ ist ein zentraler Punkt der NPD-Strategie.

Die Partei selbst versucht, ihr Scheitern in Berlin als Erfolg zu verkaufen. Der 8. Mai 2005 sei „ein politischer Sieg des nationalen Widerstands“ gewesen, heißt es auf der NPD-Homepage. Parteisprecher Klaus Beier kündigte allerdings an, gegen die Berliner Polizeiführung und Innensenator Ehrhart Körting würden juristische Schritte unternommen. Beier muss sich indes möglicherweise selbst wegen eines Beitrags zum 8. Mai vor der Justiz verantworten. Der NPD-Mann, auch Abgeordneter im Kreistag von Oder-Spree (Ostbrandenburg), hatte dort Ende April öffentlich gegen die „Befreiungslüge“ polemisiert. Die Vorsitzende des Kreistags, Lieselotte Fitzke (SPD), reichte ein Redeprotokoll bei der Polizei zur strafrechtlichen Prüfung ein.

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