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Björn Höcke, Spitzenkandidat der AfD bei der Landtagswahl in Thüringen, lässt sich bei der Wahlparty von seinen Anhängern feiern.

© Jens Büttner/dpa

„Rechts“ heißt nicht „Nazi“: Der Erfolg der AfD wäre leicht zu stoppen – wenn die anderen Parteien nur wollten

Die AfD könnte einen Besenstiel aufstellen, gewählt wird sie trotzdem. Die anderen Parteien könnten das verhindern. Doch sie haben die falsche Strategie.

In Thüringen hatten zwei Parteien Zulauf, die Linke wegen eines beliebten Spitzenkandidaten, Bodo Ramelow, die AfD trotz eines unbeliebten. Die AfD scheint im Osten des Landes inzwischen in einer ähnlich komfortablen Lage zu sein wie einst die SPD im Ruhrpott. Sie kann einen Besenstiel aufstellen, gewählt wird sie trotzdem. Sie wird von vielen nicht um ihrer selbst gewählt. Sie wird gewählt, weil viele die anderen Parteien ablehnen und das irgendwie zeigen wollen.

Ich finde es gespenstisch, dass die anderen inzwischen genau wissen, wie sie den Siegeszug der AfD stoppen könnten. In Dänemark haben die Sozis mit einer Mischung aus strengerer Einwanderungspolitik und linker Sozialpolitik die Rechte gestoppt. In Österreich hat der Kanzler Kurz, ein Verwandter der CDU, sich in der Einwanderungs- und Sicherheitspolitik nach rechts bewegt, er hat sogar mit der FPÖ koaliert, die FPÖ-Granden sind dann über ihre Machtgier gestolpert. Vielleicht koaliert Kurz, wenn es mit den Grünen nicht klappt, sogar wieder mit der geschwächten Rechten. Er hat sie im Griff, und alle Optionen.

Es ginge also. Wenn man will.

In Deutschland setzt die AfD-Konkurrenz alles auf eine Karte, die nicht sticht. Sie versucht, die AfD als Wiedergeburt der NSDAP darzustellen. Diese politische Erzählung ist leicht als Fake zu erkennen, man muss sich nur beide Parteiprogramme anschauen.

Eine neue NSDAP müsste verboten werden, dazu reicht es bei der AfD bei weitem nicht. Und im Osten kann man sich noch daran erinnern, wer in der DDR alles als „Faschist“ angeprangert wurde. Die AfD greift ins Rechtsextreme aus, es gibt furchtbare Wortmeldungen, aber insgesamt ist die Partei eher eine Wiedergeburt der CSU unter Franz-Josef Strauß, auf die beides auch zutraf. „Rechts“ heißt nicht „Nazi“, „links“ heißt nicht „Stalin“.

Deutschland bewegt sich seit langem nach links

Die Wähler sind der Souverän. So steht es im Grundgesetz. Dieses Land hat sich seit Jahrzehnten nach links bewegt – bezweifelt das jemand? Schaut euch an, wie das Land 1960 oder 1990 war. Viele Reformen waren richtig. Nun wollen immer mehr Wähler die Richtung ändern, sie haben Sehnsucht nach einer CDU, wie sie vor Merkel war, oder nach der SPD der Ära Brandt und Schmidt. Das ist ein legitimer Wunsch. Wer ihn ignoriert, muss sich damit abfinden, dass die AfD weiter gewinnt.

Warum laufen die Wähler weg? Ein Beispiel. Bei jungen Männern war die AfD in Thüringen besonders erfolgreich. Ich schlage CDU und SPD ein Experiment vor. Sagt, dass an allem, was falsch läuft, Frauen schuld sind. Macht „weiße Frau“ und „Frauennetzwerke“ zu Schimpfworten, sagt, dass Männer und nur Männer besondere Förderung brauchen. Und dann beobachtet, wie sich dies auf das Wahlverhalten von Frauen auswirkt.

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