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Rechtsextremistische Demonstration.

© Patrick Pleul/dpa

Rechtsextreme: NPD bekommt erstmal weiter Geld vom Staat

Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung wollen die NPD finanziell austrocken. Doch der Antrag beim Bundesverfassungsgericht lässt auf sich warten.

Von Frank Jansen

Es schien so einfach zu sein. Im Juni 2017 änderte der Bundestag noch knapp vor dem Ende der Legislaturperiode das Grundgesetz, um der NPD sämtliche Staatsgelder wegzunehmen. Im Februar 2018 entschied der Bundesrat, den dazu nötigen Antrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Innerhalb von zwei Monaten schlossen sich Bundesregierung und Bundestag an. Doch der gemeinsame Antrag auf Entzug der staatlichen Finanzierung für die NPD liegt bis heute in Karlsruhe nicht vor. Die Offensive der drei Verfassungsorgane gegen die NPD scheint zu stocken. Der Anwalt der Partei, Peter Richter, reagiert lakonisch: „Wir haben keine Eile“.

Im Laufe des Sommers könnte der Antrag fertig sein, heißt es jetzt im Umfeld der Bundesregierung. Als Grund für die Verzögerung werden komplizierte Verhandlung zwischen den Verwaltungen von Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung genannt. Es sei nicht klar gewesen, aus welchen „Töpfen“ das Honorar für die Prozessbevollmächtigen Christian Waldhoff und Christoph Möllers gezahlt werde. Die Juraprofessoren der Berliner Humboldt-Universität hatten schon im zweiten Verbotsverfahren gegen die NPD den Bundesrat in Karlsruhe vertreten. Bekanntlich ohne Erfolg.

Dass die Richter im Januar 2017 den Antrag der Länderkammer, die Existenz der Nazi-Partei zu beenden, einstimmig abwiesen, hat aber dem Ansehen der beiden Rechtswissenschaftler nicht geschadet. Doch loslegen können sie im Verfahren zum Entzug der staatlichen Finanzierung für die NPD erst jetzt. Der Vertrag sei bei Waldhoff und Möllers angekommen, ist in Regierungskreisen zu hören. Die Professoren selbst äußern sich nicht.

Sicherheitsexperten sagen, auch das Material der Verfassungsschutzbehörden zur NPD liege Waldhoff und Möllers inzwischen vor. In den Unterlagen stünden garantiert keine Erkenntnisse, die über V-Leute gewonnen wurden. An Spitzeln in Vorständen der Partei war das erste, auch von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung betriebene Verbotsverfahren, 2003 gescheitert. Die Richter in Karlsruhe hatten Zweifel an der „Staatsferne“ der NPD-Führung. Im zweiten Verbotsverfahren sah das Gericht in diesem Punkt keine Probleme.

Die Verfassungsschützer hatten glaubhaft versichert, die V-Leute in der rechtsextremen Partei seien „abgeschaltet“. Und die Spitzel seien, sagen Sicherheitskreise jetzt, auch nach dem Karlsruher Urteil vom Januar 2017 nicht wieder aktiviert worden. Dennoch ist ein Erfolg beim Versuch, der NPD nun wenigstens in einer Art kleinem Verbotsverfahren die staatlichen Gelder wegzunehmen, keineswegs sicher. Obwohl das Bundesverfassungsgericht selbst bei der Verkündung des Urteils 2017 die Möglichkeit angedeutet hatte, die Rechtsextremisten finanziell auszutrocknen. Ein Verbot hielten die Richter aber für überflüssig, da die Partei trotz ihrer verfassungsfeindlichen Haltung viel zu schwach sei.

Die Rechtsextremen versuchen weiter, Aufmerksamkeit zu erregen

Die NPD ist auch nach dem Erfolg in Karlsruhe weiter geschrumpft. Von 5000 Mitgliedern Anfang 2017 sind nur noch 4000 übrig. Aber die Schwindsucht könnte, so makaber es klingt, auch im Finanzverfahren die Rettung bedeuten. Sicherheitskreise sagen, sollte sich bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen der Niedergang der NPD fortsetzen, werde es schwieriger, die Richter in Karlsruhe zu einem Schlag gegen die marode Partei zu bewegen. Im Umfeld der Regierung wird sogar befürchtet, das Gericht könnte sich bei weiteren Wahldesastern der NPD fragen, ob die Rechtsextremen „überhaupt noch handlungsfähig sind“. Und ob es verhältnismäßig sei, der Partei die letzten Staatsgelder wegzunehmen.

Nicht nur personell, auch finanziell hat sich die Lage der NPD seit dem Urteil im Verbotsverfahren weiter verschlechtert. Ein Grund für den Aderlass ist die Konkurrenz der übermächtigen AfD. Die Rechtspopulisten drücken die Rechtsextremisten ins Abseits. So geriet dann auch die Bundestagswahl 2017 für die NPD zum Debakel. Sie blieb unter 0,5 Prozent, das ist die Hürde für staatliche Zuschüsse nach einer Bundestagswahl. Das Fiasko verdarb die finanzielle Bilanz. Hatte die Partei 2016 mehr als 1,1 Millionen Euro bekommen, waren es 2017 nur noch 852.000 Euro. Die NPD steckt nun noch tiefer in der Abwärtsspirale.

Trotzig versucht die Partei, dennoch Aufmerksamkeit zu erregen. Bullige NPD-Mitglieder treten in kleinen Trupps als Bürgerwehr in Berlin und anderen Städten auf. Die Rechtsextremen tragen rote Warnwesten mit einem runenartigen „S“ und der Aufschrift „Wir schaffen Schutzzonen“. Die Kampagne wird auch in der Materialsammlung des Verfassungsschutzes für den Antrag auf Entzug der staatlichen Gelder für die NPD genannt. Doch auch dieser Fall zeigt, wie schwer es sein kann, einen juristischen Erfolg gegen die Partei zu erreichen. Das Landgericht Fulda hob im Januar einen Beschluss des Amtsgerichts der Stadt zur Beschlagnahme von Schutzzonen-Westen auf. Die NPD-Leute bekamen die roten Leibchen zurück.

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