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Politik: Rechtsextremismus: Mit Ron Williams auf den Weg der Toleranz

Ahnungslose Mitläufer der rechten Szene sollen in Rheinland-Pfalz in die Gesellschaft zurückgeholt werden, Unverbesserliche dagegen mehr als bisher als große Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat geächtet werden. Das sieht ein Aktionsprogramm gegen Rechtsradikalismus vor, das Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Donnerstag in Mainz vorstellte.

Ahnungslose Mitläufer der rechten Szene sollen in Rheinland-Pfalz in die Gesellschaft zurückgeholt werden, Unverbesserliche dagegen mehr als bisher als große Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat geächtet werden. Das sieht ein Aktionsprogramm gegen Rechtsradikalismus vor, das Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Donnerstag in Mainz vorstellte.

Die rheinland-pfälzischen Schulen und Lehrwerkstätten werden in Bälde prominenten Besuch bekommen. Um Jugendliche über die Gefahren des Rechtsextremismus aufzuklären und ahnungslose junge Menschen vor Vereinnahmung durch die rechtsextremistische Szene zu bewahren, hat Beck den amerikanischen Kabarettisten und Schauspieler Ron Williams engagiert. Der soll durch eine "Aufklärungs- und Toleranztour" mithelfen, damit auch aus Jungen und Mädchen, die gegenüber rechtsradikalem Gedankengut anfällig sind, anständige Demokraten werden.

Bündnis mit Sportvereinen

Zu dem Aktionsprogramm, das der Chef der Mainzer SPD/FDP-Koalition im Kampf gegen den zunehmenden Rechtsradikalismus ankündigte, gehört auch ein Aktionsbündnis mit den Sportvereinen des Landes. Über die Fanclubs der Fußballvereine sollen die jungen Menschen in Rheinland-Pfalz mit Aufklärungsaktionen angesprochen werden. Mit dem 1. FC Kaiserslautern, mit Mainz 05 und Eintracht Trier sind die Gespräche laut Beck schon sehr weit gediehen. Ein Aufruf Becks in der Stadionzeitung des 1. FCK zum Bundesliga-Auftakt ist ein erster Schritt. Alle anderen 11 300 Fußballvereine will er über e-Mail zum Mitmachen animieren. Auf diese Weise solle deutlich gemacht werden, dass der Sport Position gegen den Rechtsextremismus beziehen muss, sagte Beck.

Überdies will der Ministerpräsident eine Aktion "Prominente gegen Rechts" vorschlagen. Auch strebt er eine Absprache zwischen allen politischen Kräften im Land an, die politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus vor Ort zu suchen.

Der Mainzer Regierungschef will überdies erreichen, dass in Deutschland über eine Änderung des Demonstrationsrechts nachgedacht wird. Er hält es nicht für hinnehmbar, wenn beispielsweise Rechtsradikale in Berlin durch das Brandenburger Tor marschieren und die Polizei sie auch noch schützen muss. Es erfüllt ihn mit Zorn, wenn - wie in Rheinland-Pfalz wiederholt geschehen - Skinheads oder andere rechtsradikale Gruppen über einen Wochenmarkt marschieren oder Weinfeste heimsuchen und der Bevölkerung Angst einjagen. Eine solche Provokation des Rechtsstaates könnten sich die demokratischen Institutionen nicht bieten lassen, meinte Beck. Die Kommunen müssten die Möglichkeit haben, rechtsradikale Versammlungen zu verbieten, ohne dass dieses Verbot von den Gerichten später wieder aufgehoben wird.

Mit Eisenstangen gegen Asylbewerber

Die Welle rassistischer Übergriffe reißt derweil nicht ab. Im rheinischen Kaldenkirchen nahm die Polizei drei Skinheads in Gewahrsam, die Asylbewerber mit Eisenstangen und Holzknüppeln verfolgt und bedroht hatten. Ein Polizeisprecher berichtete am Donnerstag, die jungen Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren seien der Polizei wegen ihrer rechtsradikalen Gesinnung bekannt. In Essen warf ein Unbekannter laut Polizei einen faustgroßen Stein durch das Schlafzimmerfenster einer marokkanischen Familie. Auf einem am Stein befestigten Zettel war ein großes Hakenkreuz gezeichnet.

In Eisenach wurden zehn junge Leute, zwischen 16 und 21 Jahren alt, vorläufig festgenommen, weil sie in der Nacht zum Donnerstag an einem Lagerfeuer nazistische Parolen wie "Sieg Heil!" gegrölt hatten. Für Freitagabend ist in Eisenach eine Solidaritätskundgebung gegen Rassismus und Rechtsextremismus geplant. Für Sonnabend ist in Düsseldorf nach dem Anschlag auf einem S-Bahnhof eine Protestaktion "Stoppt den Naziterror" angekündigt.

Debatte über Gegenmaßnahmen

Unterdessen forderte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, "das Übel Rechtsextremismus an den Wurzeln zu packen und Jugendlichen wieder eine Zukunftsperspektive zu geben". In einem Beitrag für die Gewerkschaftszeitschrift "Umschau" schrieb er, das größte Problem sei die "erschreckend hohe Arbeitslosigkeit" junger Menschen. Ohne Ausbildung und Beschäftigung seien sie oft empfänglicher für rechte Ideen als andere.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ludolf von Wartenberg, sagte der "Financial Times Deutschland", ein rigoroses Vorgehen der Unternehmen gegen Rechtsextreme könne ein klares Signal senden, dass die deutsche Wirtschaft Rechtsradikalismus nicht dulde. Entlassungen müsse man "notfalls auch vor den Gerichten durchkämpfen".

IG-Metall-Chef Klaus Zwickel sagte in Frankfurt am Main, Politik, Wirtschaft, Kirchen und andere Organisationen sollten sich gegen Ausländerfeindlichkeit engagieren. "In jedem Dorf und in jeder Stadt muss es eine Bürgerkette gegen Rechts und vielfältige Protestaktionen gegen rechtsradikales Gedankengut und gegen rechtsextreme Gewalt geben." Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD), kündigte im ARD-Morgenmagazin für die erste Sitzung des NRW-Kabinetts nach der Sommerpause am 15. August einen Aktionsplan mit etwa 100 Maßnahmen gegen Rechts an.

pa

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