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Politik: Rechtsextremismus: Neonazi-Demos als Gefahr für die "öffentliche Ordnung"

Wenn Demonstranten mit scharz-weiß-roten Fahnen und Trommeln durch das Zentrum Berlins ziehen und "Rudolph Heß - Mord verjährt nicht" skandieren, dann ist "die öffentliche Ordnung in schwerwiegender Weise gefährdet". So hat das Verwaltungsgericht im Fall der geplanten Heß-Gedenkversammlung am Sonnabend geurteilt und damit das Verbot bestätigt.

Wenn Demonstranten mit scharz-weiß-roten Fahnen und Trommeln durch das Zentrum Berlins ziehen und "Rudolph Heß - Mord verjährt nicht" skandieren, dann ist "die öffentliche Ordnung in schwerwiegender Weise gefährdet". So hat das Verwaltungsgericht im Fall der geplanten Heß-Gedenkversammlung am Sonnabend geurteilt und damit das Verbot bestätigt. Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hat das Verwaltungsgericht damit einen Punkt als Verbotsgrund benannt, der bislang als nicht ausreichend angesehen wurde: Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch eine Versammlung Rechtsextremer, "auch wenn die Schwelle der Strafbarkeit noch nicht erreicht sein sollte". Eine Veranstaltung, "die führende Vertreter des Nationalsozialismus in positives Licht rückt", befanden die Richter, "müsse zwangsläufig massive Proteste der Öffentlichkeit auslösen" - ausdrücklich bezogen sich die Richter auf die jüngsten Gewalttaten von Neonazis gegen Ausländer und Andersdenkende.

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) und die Polizei hatten bislang darüber geklagt, dass Demonstrationen von Neonazis und Rechtsradikalen nur dann verboten werden könnten, wenn konkrete Straftaten drohten - Volksverhetzung beispielsweise oder Landfriedensbruch. Zogen rechte Demonstranten aber friedlich durch das Brandenburger Tor, war ein Verbot schwer durchsetzbar. Alleine die Gefährdung der öffentlichen Ordnung galt seit einem Urteil des Budesverfassungsgerichts nicht als Verbotsgrund. Mit den neueren Urteilen des Verwaltungsgerichts könnte sich diese Linie zumindest in Berlin ändern. Wenn Ort, Zeitpunkt, Art der Versammlung und Anlass in direktem eindeutigen Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus stehen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Demonstration nicht erlaubt wird. Denn zur öffentlichen Ordnung gehörten "die Gesamtheit ungeschriebener Ordnungsvorstellungen" sowie die "herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen".

Die jüngere Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist auch vor dem Hintergrund der öffentlichen Empörung über rechte Demonstrationen entstanden; auch die Richter nähmen das "sehr genau wahr", sagen Rechtsexperten. Auch die Bilder der rechtsextremen Demonstration im Januar dieses Jahres hätten die Richter nachdenklich gemacht. Schwer vorstellbar wäre nach den jüngeren Beschlüssen etwa, dass die NPD am 27. Januar 2001 erneut mit Fackeln durch das Brandenburger Tor zieht.

Holger Stark

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