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Rechtsextremismus: Risse am rechten Rand

Das rechtsextreme Spektrum steckt im Umbruch – die Parteien NPD und DVU gehen zunehmend getrennte Wege.

Von Frank Jansen

Berlin - Aufatmen können sie nicht. Die NPD-Funktionäre um Parteichef Udo Voigt blickten am Freitag süß-sauer im Berliner Verwaltungsgericht, als die 2. Kammer die vom Bundestag verhängte Strafe gegen die Partei halbierte. Auch Sanktionen in Höhe von 1,27 Millionen Euro, die angesichts des grob fehlerhaften Rechenschaftsberichts der NPD für 2007 nun fällig werden, belasten die Partei enorm – erst recht im Superwahljahr. Voigt überlegt nun, das Urteil anzufechten. Die finanzielle Lage der NPD bleibt düster, der chaotische Parteitag vom April in Berlin hat zudem die internen Konflikte noch verschärft. Anstatt die Wirtschaftskrise politisch zu nutzen, spotten Verfassungsschützer, trumpfe die NPD mit ihrer eigenen Krise auf.

Beispiel Finanzen: Das Desaster, das der frühere Schatzmeister Erwin Kemna angerichtet hat, ist bislang nur zum Teil ausgeleuchtet. Als das Landgericht Münster im September 2008 Kemna zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilte, weil er mehr als 740 000 Euro aus der Parteikasse abgezweigt hatte, war das Ende der Affäre noch nicht erreicht. Die Staatsanwaltschaft Münster ermittelt weiter gegen Kemna und inzwischen auch gegen Voigt. Beide werden verdächtigt, gegen das Parteiengesetz verstoßen zu haben. Schon die Vermutung, weitere Rechenschaftsberichte könnten Mängel mit teuren Folgen aufweisen, lässt die Zukunft der NPD noch trüber erscheinen.

Beispiel Ideologie: Ausgerechnet im Superwahljahr vertiefen sich die Risse in der NPD und im rechtsextremen Spektrum überhaupt. Mehrere Gegner Voigts, die ihn auf dem Parteitag nicht stürzen konnten und eine „politikfähige“ NPD fordern, halten sich seitdem abseits. Ob die Rebellen über ihre Länder hinaus für die vielen Wahlkämpfe zu mobilisieren sind, bleibt offen. Außerdem versucht die rechtsextreme DVU mit ihrem neuen Chef Matthias Faust, trotz der Allianz mit der NPD „Deutschland-Pakt“ genannt, den Wandel zu einer rechtspopulistischen Partei nach dem Muster der erfolgreichen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und der islamfeindlichen „Bürgerbewegung“ Pro Köln. Doch der Spagat zwischen dem tiefbraunen und dem etwas helleren Rechtsaußensortiment beschert der DVU reichlich Konflikte.

Geschürt werden sie vor allem von einer mysteriösen Figur. Der in die DVU eingetretene Schwede Patrik Brinkmann, Gründer der undurchsichtigen „Kontinent-Europa-Stiftung“ und angeblich Multimillionär, provoziert gern – und heftig. Im April bescheinigte Brinkmann der NPD in einem Interview, sie habe nach dem Parteitag, bei dem sich Voigt und der ultraradikale Flügel durchgesetzt hatten, „so keine Zukunft“. Den neu in den NPD-Vorstand gewählten Thomas Wulff, langjähriger Anführer der Neonaziszene, nannte Brinkmann „politisch eine totale Katastrophe“. Dann verstieß der Schwede, ähnlich wie „Pro Köln“, auch noch gegen ein ewiges Dogma der extremen Rechten: Er verwarf den Antisemitismus. Zentrales Feindbild ist der Islam.

„Das Kernproblem sind nicht die Juden, sondern die Muslime“, sagte Brinkmann. Und: „Es gibt heute keinen politischen Antagonismus zwischen Judentum und Europa.“ Außerdem behauptete Brinkmann, die islamischen Banken in Europa „schicken sich gerade an, die monetäre Machtübernahme vorzubereiten“. Da war er dann wieder, der klassische rechtsextreme Verfolgungswahn, allerdings mit einem ausgetauschten Dämon.

Die Szene reagierte harsch, trotz der Abneigung gegen Muslime. „Eher den Halbmond als den Davidstern“ und „Brinkmanns Anbiederung an Israel und das Judentum ist ja geradezu lächerlich. Wenn das der neue Kurs der DVU sein soll, dann Gute Nacht!“ lauteten Kommentare im Internetportal „Altermedia“.

Brinkmann will dennoch in Deutschland stärker mitmischen und den Sitz seiner Stiftung nach Berlin verlegen, wo er über eine Villa verfügt. Die Entwicklung in der DVU erregt in der NPD Misstrauen beim Voigt-Flügel. Dessen Gegner jedoch kooperieren demonstrativ mit der DVU. Die ihrerseits den Voigt-Flügel brüskiert: Zur Wahl in Brandenburg, wo die DVU seit zehn Jahren im Landtag sitzt und wieder alleine antritt, hätte sie NPD-Kandidaten auf ihrer Liste platzieren können. Sie tat dies aber nicht. In der Brandenburger NPD dominieren Anhänger Voigts. Die überlegen nun, ob sie die strukturschwache DVU im Wahlkampf hängen lassen.

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