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Am 1.11. hat die NPD wieder in Dresden demonstriert, mit diesem Plakat. Die Innenminister der Länder können sich nicht einig werden, ob ein neues Verbotsverfahren gegen die Partei eingeleitet werden sollte.

© dpa

Rechtsextremismus: Union uneins über NPD-Verbotsverfahren

Am Mittwoch werden die Innenminister zu ihrer Konferenz im niedersächsischen Celle zusammenkommen. Sie wollen dort das Reizthema NPD-Verbot diskutieren. Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht fordert eine Entscheidung.

Von Frank Jansen

Das Hotel Fürstenhof im niedersächsischen Celle war einst ein „Adelshof“, auch heute geht es hier nicht minder vornehm zu. Doch am Mittwoch und Donnerstag könnte es laut werden, wenn sich die Innenminister der Union in der Bibliothek des Fünfsternehauses treffen und ein Reizthema diskutieren: Soll ein zweites Mal versucht werden, die NPD zu verbieten – oder besser doch nicht? „Ich werde mich dafür einsetzen, dass es in Celle eine Vorentscheidung gibt“, sagte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht am Sonntag dem Tagesspiegel. Stahlknecht hat sich nach langem Überlegen für ein Verfahren entschieden, „ich sage jetzt: machen“. Deshalb wirbt er dafür, dass die Ressortchefs von CDU und CSU eine „Marschrichtung“ festlegen für das Treffen der Innenministerkonferenz (IMK) im Dezember in Warnemünde. Doch es gibt ein Problem: Der Gastgeber in Celle, Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann, bleibt skeptisch. Und nicht nur er.

Die Union ist in der Frage, ob nach dem Debakel von 2003 wieder ein Gang zum Bundesverfassungsgericht riskiert werden soll, gespalten. Nach Celle fährt auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der sich für ein Verfahren gar nicht begeistern kann. „Es wird eine heftige Debatte geben“, schwant Stahlknecht. Schünemann hat zudem am Freitag mit einer Rede im niedersächsischen Landtag deutlich gemacht, dass er für eine Vorentscheidung nicht zu haben ist. „Gerade weil es keine absolute Sicherheit für ein erfolgreiches Verbotsverfahren geben kann, bedarf es der äußersten Sorgfalt, der intensiven Prüfung und der Abwägung sämtlicher Risiken, bevor der entscheidende Schritt in ein neues NPD-Verbotsverfahren gegangen wird“, betonte Schünemann vor den Abgeordneten. Der Minister will zumindest den abschließenden Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe abwarten.

Das Gremium von Verwaltungsjuristen aus den Innenministerien von Bund und Ländern analysiert die mehr als 1000 Seiten umfassende, von den Verfassungsschutzbehörden zusammengestellte „Materialsammlung für ein mögliches NPD-Verbotsverfahren“. In dem Papier werden die Scheußlichkeiten aufgelistet, die der NPD anzulasten sind, von brauner Propaganda bis zur Beteiligung von Parteimitgliedern an Gewalttaten. Stahlknecht meint nach der Lektüre, es gebe eine „60-zu-40-Chance“, die Verfassungsrichter in Karlsruhe von der Notwendigkeit eines Verbots zu überzeugen.

An seiner Seite sieht Stahlknecht die Amtskollegen Lorenz Caffier (Mecklenburg-Vorpommern), derzeit auch Vorsitzender der IMK; dann Jörg Geibert (Thüringen), Markus Ulbig (Sachsen) und den Christsozialen Joachim Herrmann (Bayern), der Anfang November markig sprach, „wer nicht kämpft, hat schon verloren“. Für Berlin hat Innensenator Frank Henkel kürzlich verkündet, man setze sich für ein „rechtssicheres“ Verbotsverfahren ein und werde „nicht wackeln“. Ob Henkel die Materialsammlung ausreicht, ist aber offen. Er hat allerdings wenig Spielraum, da der sozialdemokratische Regierungschef Klaus Wowereit nicht von der Linie seiner Partei abweicht, ein Verfahren sei unumgänglich. Hinter vorgehaltener Hand äußern jedoch auch SPD-Politiker Bedenken.

In der Front der Skeptiker in der Union stehen neben Friedrich und Schünemann auch Hessens Innenminister Boris Rhein und die Saarländerin Monika Bachmann. Und eine mächtige Verbündete: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat intern die Sorge geäußert, ein zweites Verfahren könne ebenfalls in einer Blamage enden. Auch der Koalitionspartner FDP bremst.

Entscheiden wollen die Innenminister von Union und SPD im Dezember beim IMK-Treffen in Warnemünde. Das IMK-Statut verpflichtet bei Beschlüssen zur Einstimmigkeit. Sollte die Union uneinig bleiben, sagt ein CDU-Mann, würde die Entscheidung der IMK wohl ins nächste Jahr verschoben.

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