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Politik: Rechtsextremismus: Was zu tun wäre. Vom NPD-Verbot bis zum Engagement der Zivilgesellschaft

Was hat die Diskussion um fremdenfeindliche Gewalt bewirkt? Zum ersten Mal ist die Frage nach einem Verbot der NPD so massiv aufgeworfen worden, dass ein Antrag in Karlsruhe denkbar erscheint.

Was hat die Diskussion um fremdenfeindliche Gewalt bewirkt? Zum ersten Mal ist die Frage nach einem Verbot der NPD so massiv aufgeworfen worden, dass ein Antrag in Karlsruhe denkbar erscheint. Am 11. August hat sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum ersten Mal getroffen, die "die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen für die Entscheidung über einen eventuellen Verbotsantrag gegen die NPD erarbeiten" soll. Innenminister Otto Schily hat in dieser Woche den Zeitplan noch einmal bestätigt: Mitte Oktober, spätens in der zweiten Oktoberhälfte liegen die Ergebnisse vor. Das Ministerium ist zugeknöpft, wenn nach Zwischenstand oder Teilerkenntnissen gefragt wird. Weil ein Antrag, der vor den Verfassungsrichtern scheitert, das schlechteste Ergebnis wäre, lautet die Devise: Sorgfalt. In zwei Untergruppen wird gesammelt, gewertet, geprüft. In der einen werden alle Erkenntnisse der Verfassungsschutzämter über die NPD zusammengetragen, in der zweiten geht es um die rechtliche Seite eines möglichen Verbotsantrags.

Verbot rechtsextremer Gruppen

Schon Ende August hat SPD-Generalsekretär Franz Müntefering nach einer Präsidiumssitzung gesagt, die SPD unterstütze die Forderung nach einem NPD-Verbot. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder hat mit seinem Vorschlag, Bund und Länder sollten gemeinsam den Weg nach Karlsruhe antreten, wenn Schilys Kommission zu einem entsprechenden Ergebnis kommt, in diese Richtung gewiesen. Einen Fingerzeig hat schließlich Schily selbst gegeben, als er Mitte September überraschend die rechtsextremen Gruppen "Blood & Honour" und "White Youth" verboten hat. "Blut und Ehre", so der Minister damals zum Tagesspiegel, unterhalte enge Beziehungen zur NPD. Er drücke sich "bewusst vorsichtig" aus, aber das Verbot der Gruppierungen aus dem Skinheadszene sei durchaus "ein Argument, das zu prüfen sein wird in Zusammenhang mit einem Verbotsantrag".

Umgehend hat Schily reagiert, nachdem Tagesspiegel und "Frankfurter Rundschau" dokumentiert hatten, dass die amtliche Statistik das Ausmaß der fremdenfeindlichen Gewalt unterschlägt. Die Zahl der Todesopfer ist dreimal so hoch wie von den zuständigen Behörden angegeben.

Aktion "Gesicht zeigen"

Der Innenminister lässt nun die Kriterien überprüfen, nach denen eine Straftat als "rechtsextrem" eingestuft wird. Die Dokumentation und die offizielle Reaktion der Politik zählt zu den wichtigen Wirkungen der Rechtsextremismus-Diskussion: Es gibt in Deutschland eine angemessenere Wahrnehmung von Bedeutung und Ausmaß der Gewalt. So haben Politiker wie der Brandenburger Ministerpräsident Manfred Stolpe in diesen Wochen eingeräumt, dass sie das Problem lange unterschätzt haben.

Boxidol Henry Maske hat ein Internet-Projekt initiiert. www.deutschebilder.de will junge Leute erreichen. Maskes Idee ist ein Baustein der Aktion "Gesicht zeigen". Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye hat sich dafür nicht nur in einem "Privatmann" verwandelt, er hat einen Verein gegründet, dessen Vorsitzender er nun ist. Wer bei "Gesicht zeigen" etwas machen will, muss mehr als eine Prominenten-Unterschrift leisten. Er muss Zeit investieren. Heyes Aktion ist eine der zahlreichen gesellschaftlichen Inititiaven gegen die fremdenfeindliche Gewalt. Bemerkenswert ist das starke Engagement von Unternehmen und Wirtschaft. Der Bund der deutschen Industrie hat kürzlich eine Konferenz zum Thema Fremdenfeindlichkeit durchgeführt. Das deutsche Ansehen im Ausland sei für die Wirtschaft ein wichtiger Grund, sich zu engagieren, hat BDI-Chef Hans-Olaf Henkel bei dieser Gelegenheit gesagt, "aber sicher nicht der wichtigste".

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