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Bei der Suche nach verfassungsfeindlichem Material der NPD sind Bund und Länder offenbar fündig geworden.

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Exklusiv

Mögliches Verbotsverfahren: Über 3000 Belege für verfassungsfeindliche Haltung der NPD

Bund und Länder können nun angeblich ohne Hilfe von V-Leuten belegen, dass rassistische und nationalsozialistische Einstellungen in der NPD weit verbreitet sind. In der neuen Materialsammlung sind auch brutale Straftaten verzeichnet.

Von Frank Jansen

Bund und Länder haben nach Informationen des Tagesspiegels die Sammlung von Material für ein mögliches Verbotsverfahren gegen die NPD abgeschlossen. Seit Ende vergangener Woche liegt den Ländern das 1006 Seiten umfassende Papier vor, das vom Bundesamt für Verfassungsschutz aus eigenen Erkenntnissen und denen der Landesbehörden für Verfassungsschutz zusammengestellt wurde. In der Sammlung sind 3081 Belege für die rassistische, neonationalsozialistische und insgesamt verfassungsfeindliche Einstellung der rechtsextremen Partei aufgelistet.

Auf mehreren Seiten werden auch Äußerungen von Parteichef Holger Apfel zitiert. So sagte Apfel im November 2011, wenige Tage vor seiner Wahl zum NPD-Vorsitzenden, vor Funktionären der Parteijugend, "ihr werdet niemals aus meinem Munde hören, dass ein schwarzer Fußballspieler im Trikot der bundesdeutschen Nationalmannschaft ein Deutscher sein kann". Bei der Veranstaltung von Kadern der Nachwuchsorganisation "Junge Nationaldemokraten" äußerte Apfel ebenfalls seine Verachtung für die im Bundestag vertretenen Parteien. Die NPD werde auch künftig "jegliche Kollaboration mit den liberalkapitalistischen Blockparteien strikt ablehnen", sagte Apfel, der zum Zeitpunkt der Rede bereits langjähriger Vorsitzender der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag war.

Video: Frank Jansen zum Thema Rechtsextremismus

In der Materialsammlung werden auch Straftaten von NPD-Mitgliedern genannt. Auf den letzten drei Seiten steht ein Bericht über den Angriff der sächsischen Neonazi-Gruppe "Terror-Crew-Muldental" auf Spieler des linken Fußballclubs "Roter Stern Leipzig". An der Attacke vom Oktober 2009, bei der mehrere Personen zum Teil schwer verletzt wurden, beteiligten sich auch Parteimitglieder. Drei, darunter zwei ehemalige NPD-Kandidaten zu Gemeinderatswahlen, wurden von sächsischen Gerichten zu Haftstrafen verurteilt.

Das jetzt vorliegende Papier enthalte im Unterschied zum ersten Entwurf vom Sommer keine Angaben von V-Leuten, hieß es in Sicherheitskreisen. Die Länder hatten mehrere hundert Belege aus dem Entwurf zurückgezogen, da sie Äußerungen von Spitzeln des Verfassungsschutzes und der Polizei enthielten. Dennoch bleiben Sicherheitsexperten skeptisch, dass Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat Anträge zum Verbot der NPD stellen. Es sei weiterhin zu befürchten, dass das Bundesverfassungsgericht und dann vermutlich auch die Anwälte der Partei verlangen, die Klarnamen von V-Leuten genannt zu bekommen. Das lehnen mehrere Innenminister strikt ab. Außerdem bezweifeln Fachleute in den Sicherheitsbehörden, dass ein Verbot beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bestand hätte. Die Innenminister und anschließend die Ministerpräsidenten wollen im Dezember entscheiden, ob der Gang zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angetreten wird. 

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