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Politik: Rechtspopulistische SVP erhält kein zweites Ressort - Verlierer Blocher kündigt harte Opposition an

Nach ihrem fulminanten Wahlsieg im Oktober ist die rechtsgerichtete Schweizerische Volkspartei (SVP) an den starren Regeln des eidgenössischen Konkordanzsystems gescheitert: Christoph Blocher, der eigentliche SVP-Anführer, erlitt bei der gestrigen Ministerwahl eine klare Niederlage. Nur 58 von 246 Parlamentariern der Bundesversammlung in Bern votierten in einer Kampfabstimmung für den Züricher Volkstribunen.

Nach ihrem fulminanten Wahlsieg im Oktober ist die rechtsgerichtete Schweizerische Volkspartei (SVP) an den starren Regeln des eidgenössischen Konkordanzsystems gescheitert: Christoph Blocher, der eigentliche SVP-Anführer, erlitt bei der gestrigen Ministerwahl eine klare Niederlage. Nur 58 von 246 Parlamentariern der Bundesversammlung in Bern votierten in einer Kampfabstimmung für den Züricher Volkstribunen. Seine Gegenkandidatin, Bundespräsidentin und Innenministerin Ruth Dreifuss von den Sozialdemokraten (SP), zog 148 Abgeordnete auf ihre Seite.

Blocher gab sich nach der Schlappe kämpferisch: "Wir werden den Wählerauftrag annehmen und unsere Versprechen durchsetzen." Seine Partei werde ihre Ziele jetzt verstärkt außerhalb des Bundesrates verfolgen. In der Schweiz kann fast jede Entscheidung der Regierung mit einem Referendum gekippt werden. Der milliardenschwere Chemie-Unternehmer vertritt eine zugespitzte politische Botschaft: Das entschiedene Nein zu einem schweizerischen Beitritt in die EU; den verschärften Kampf gegen Asylmissbrauch sowie einen massiven Abbau der Steuerlast.

Neben Dreifuss wurden die anderen sechs Mitglieder der Regierung (Bundesrat) für weitere vier Jahre in ihren Ämtern bestätigt. Joseph Deiss als Außenminister, Ruth Metzler als Justizministerin, Kaspar Villiger als Finanzminister, Pascal Couchepin für das Wirtschaftsministerium, Moritz Leuenberger als Verkehrsminister und Adolf Ogi im Verteidigungsressort. Zusätzlich bestimmten die Abgeordneten turnusmäßig Ogi zum Bundespräsidenten für das Jahr 2000.

Seit 1959 regieren in der Schweiz Kabinette, deren Ministerposten nach der so genannten Zauberformel verteilt werden: Jeweils zwei Ressorts für die SP, die Freisinnigen (FDP), die Christdemokraten (CVP) und ein Ministerposten für die SVP. Die sieben Minister äußerten sich nach ihrer Wahl erleichtert: Das Konkordanzsystem, nach dem alle relevanten Kräfte in der Regierung vertreten sein sollen, sei bestätigt.

Dieses Regime hatte Blocher im Wahlkampf lauthals kritisiert. Seine Attacken gegen die "politische Klasse" honorierten die Eidgenossen beim Urnengang am 24. Oktober. Die SVP errang erstmals in ihrer Geschichte mit 23 Prozent die meisten Stimmen. Deshalb reklamierte die SVP einen zweiten Ministerposten. Allerdings blieben die Sozialdemokraten nach leichten Verlusten mit 51 Sitzen im Nationalrat, der größten Parlamentskammer, die stärkste Fraktion. Während sich die Zahl der SVP-Mandate um 15 auf 44 erhöhte, konnten die Regierungsparteien FDP und CVP ihre Sitze in etwa halten. Blocher hatte sich lange geziert, als Minister zu kandidieren. Kurz nach den Wahlen im Oktober erklärte er: "Das Parlament wird mich nicht wählen und ich strebe das auch nicht an." Allerdings musste Blocher schließlich doch seinen Hut in den Ring werfen, anderenfalls hätte er seine Glaubwürdigkeit eingebüßt. Seinen Anhängern gilt der gewiefte Redner als Retter der Schweiz, seine Machtbasis ist der Kanton Zürich. Doch steht die SVP nicht geschlossen hinter ihm.

Jan Dirk Herbermann

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