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Rechtsreform: Große Koalition im Erbstreit

Die große Koalition hat bei ihrem Antritt eine Reihe großer Projekte angekündigt - unter anderem eine Reform der Erbschaftsteuer. Doch vor 2008 kommt sie wohl nicht auf einen Nenner, es könnte sogar noch später werden.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Reform der Erbschaftsteuer als wichtiges Projekt der großen Koalition droht weiter verschoben zu werden. Die bereits für dieses Jahr angekündigte Gesetzesnovelle wird frühestens 2008, wahrscheinlich jedoch erst zum Januar 2009 in Kraft treten. Das stellte der SPD-Finanzpolitiker Florian Pronold in Aussicht. Dem Tagesspiegel sagte Pronold, er rechne nicht mehr damit, dass die mit der Reform betraute Kommission von SPD und Union vorher zu einem Ergebnis kommen wird. „Die Positionen liegen noch zu weit auseinander“, begründete er die Verzögerung. Deshalb sei mit einem Kompromiss von Union und SPD „frühestens Ende des Jahres, wahrscheinlich jedoch erst im Frühjahr 2008“ zu rechnen.

Vom Bundesparteitag der SPD Ende Oktober erwartet Pronold eine Bestätigung der SPD-Position, nach der unter anderem von einer Reform des Erbschaftssteuerrechtes ein „deutlich höheres Mehraufkommen“ gefordert wird. Gegenwärtig nehmen die Bundesländer jährlich rund vier Milliarden Euro ein. Eine Reform der Steuer ist notwendig, weil das Verfassungsgericht die gegenwärtige Bewertung von Geld und Immobilien als verfassungswidrig eingestuft hatte. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD zudem vereinbart, Betriebserben von der Steuer zu entlasten.

Pronold gehört der Kommission an, die von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) geleitet wird. Er plädierte dafür, „im kommenden Jahr in aller Ruhe ein Gesetz zu verabschieden“, das dann zum Jahresbeginn 2009 in Kraft treten könnte. Vor allem den Betroffenen, die ihren Betrieb an die nächste Generation übergeben wollen, bliebe somit noch genügend Zeit zur Entscheidung, ob sie diesen Schritt nach geltendem oder neuem Erbschaftssteuerrecht vollziehen wollen. Aus sozialdemokratischer Sicht seien sowohl die gegenwärtig in der Kommission diskutierten Steuersätze für die Erben als auch das modifizierte Abschmelzmodell für Betriebsvermögen „nicht akzeptabel“, sagte Pronold.

Das neue Abschmelzmodell sieht vor, dass 70 Prozent des gesamten weltweiten Betriebsvermögens nicht mit der Erbschaftsteuer belastet wird, wenn der Betrieb sieben Jahre fortgeführt wird. Ursprünglich sollten den Erben die Steuer bei zehnjähriger Betriebsfortführung erlassen werden. Bei Privaterben sollen die Freibeträge für Eheleute und Kinder erhöht und die progressiven Stufentarife für Ehegatten und Kinder, die heute je nach Wert des Erbes zwischen sieben und 30 Prozent liegen, auf sechs bis 18 Prozent sinken, für entfernte Verwandte auf mindestens 30 Prozent angehoben werden. Mit den höheren Freibeträgen soll ausgeglichen werden, dass nach den jüngsten Vorgaben der Karlsruher Richter künftig Immobilien und Betriebe zunächst mit dem aktuellen Verkaufspreis bewertet werden müssen, bevor es Privilegien für bestimmte Erbengruppen geben darf.

Mit Blick auf den SPD-Parteitag sagte Pronold, die vorliegenden Kommissionspläne „entsprechen nicht den Vorgaben der SPD“. Die Sozialdemokraten erwarten nach der Reform ein deutlich höheres Steueraufkommen, eine stärkere Besteuerung höherer Vermögen, vernünftige Regelungen zur Einbeziehung von Lebenspartnerschaften im Erbfall und Verschonungsregelungen für Betriebserben, die verhindern, dass privates Vermögen zur Steuerverhinderung in betriebliches Vermögen umgewandelt werden kann.

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