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Ungarns Regierungschef Viktor Orbán muss damit rechnen, dass EU-Gelder gekürzt werden.

© Bernadett Szabo/REUTERS

Rechtsstaatsmechanismus gegen Ungarn aktiviert: Orbán könnte die Quittung für seine Vetternwirtschaft erhalten

Brüssel macht ernst – endlich. Der Start des Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn kommt spät, aber nicht zu spät. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Ursula von der Leyen hat lange genug gezögert. Nun hat die EU-Kommissionschefin endlich ein Verfahren eingeleitet, das zur Kürzung von EU-Geldern für Ungarn führen kann. Damit setzt sie – spät, aber doch nicht zu spät – ein Zeichen, dass die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Gemeinschaft nicht verhandelbar sind.

Wenige Tage, nachdem die Franzosen bei der Präsidentschaftswahl den Durchmarsch einer rechtsradikalen Politikerin verhindert haben, die die Verfassungsordnung des Landes auszuhebeln drohte, wird mit der Brüsseler Aktivierung des so genannten Rechtsstaatsmechanismus eines klargestellt: Machtcliquen, die EU-Gelder in die eigene Tasche wirtschaften, können mit keinerlei Nachsicht rechnen.

Das hätte für Marine Le Pen gegolten, wenn sie an die Macht gekommen wäre. Zunächst einmal trifft es jetzt den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán und seine politischen Gefolgsleute.

Die in Ungarn unter Orbán etablierte Vetternwirtschaft sorgt schon seit Jahren dafür, dass vor allem Vertraute des 58-Jährigen von den Brüsseler Subventionen  profitieren. Nun darf man allerdings nicht erwarten, dass mit der Aktivierung des Rechtsstaatsmechanismus schon morgen diese Praxis beendet wird.

Wie in der EU üblich, sieht das Verfahren bis zu einem endgültigen Entzug ungarischer EU-Gelder viele Stufen vor. Die Regierung in Budapest hat die Möglichkeit, sich mehrfach zu den Vorwürfen zu äußern. Orbán dürfte alles unternehmen, um das Verfahren in die Länge zu ziehen.

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Lange genug gedauert hat es ohnehin schon, bevor das Verfahren gegen Ungarn in Gang kam. Eigentlich war der neue Mechanismus schon Ende 2020 politisch beschlossen worden. Aber zunächst einmal wollte von der Leyen abwarten, bis der Europäische Gerichtshof dessen  Rechtmäßigkeit bestätigte. Spätestens seit  dem Urteil des Luxemburger Gerichts muss sich Orbán nun damit abfinden, dass in Brüssel neue Saiten aufgezogen werden.

Das Novum des Mechanismus besteht schließlich darin, dass sich Rechtsstaats-Sünder wie Ungarn und Polen nicht mehr gegenseitig decken und damit die Verhängung von Sanktionen auf EU-Ebene verhindern können. Deshalb muss Orbán über kurz oder lang erstmals mit heftigen Milliardeneinbußen rechnen.

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