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Italiens Premierminister Giuseppe Conte.

© AFP/ Frederick Florin

Rede von Conte: Scharfe Kritik an Italiens Premier im EU-Parlament

In einer aufgeheizten Lage hält Premierminister Conte in Straßburg eine Rede zur Zukunft Europas. Ihm schlägt scharfe Kritik entgegen.

Angesichts von Bürgerprotesten in Europa hat Italiens Premierminister Giuseppe Conte von der Europäischen Union mehr Volksnähe gefordert. Die Kluft zwischen der EU und den Menschen sei in den vergangenen Jahren gewachsen, sagte der Chef der populistischen italienischen Regierung am Dienstag im EU-Parlament. Obwohl Contes Rede zur „Zukunft Europas“ moderat ausfiel, kam von einigen Abgeordneten heftige Kritik an der italienischen Politik. Darauf wiederum reagierte Conte empört.

Zuletzt hatte Italien etliche Konflikte mit EU-Partnern, vor allem mit Frankreich, das seinen Botschafter aus Rom zu Konsultationen zurückrief. Mit der EU-Kommission hatte Contes Regierung heftig über die Aufstellung des Haushalts gestritten. Und im Streit über den Umgang mit Venezuela fand sich Italien isoliert.

Conte verzichtet auf scharfe Angriffe gegen EU

Conte verteidigte seine Politik und forderte einen Kurswechsel für Europa. Eine „liberalistische Ausrichtung“ der Wirtschaftspolitik und die Sparprogramme während der Wirtschafts- und Finanzkrise machte er verantwortlich für die Entfremdung der Bürger. „Man hat allmählich den Kontakt zum Volk verloren“, meinte er.

Konkret forderte Conte mehr Befugnisse für das EU-Parlament sowie die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion mit einer „Aufteilung der Risiken“. Entscheidungen für eine gemeinsame europäische Migrationspolitik dürften nicht länger aufgeschoben werden. Die jüngsten bilateralen Konflikte von EU-Staaten gingen auf die Unfähigkeit auf EU-Ebene zurück, Lösungen zu finden.

In seiner Rede verzichtete Conte auf allzu scharfe Angriffe gegen die EU. Im Vergleich zu den beiden lautstarken Vize-Premiers Matteo Salvini von der rechten Lega und Luigi Di Maio von der EU-kritischen Fünf-Sterne-Bewegung gilt er als gemäßigt und als Vermittler.

Bullmann: "Sinnlose Eskalation" zwischen Frankreich und Italien

Mehrere EU-Abgeordnete warfen der italienischen Regierung jedoch vor, immer weiter ins europäische Abseits zu steuern. Vizepremier Luigi di Maio missbrauche sein Amt, um die von Randalierern unterwanderten „Gelbwesten“ zu unterstützen, kritisierte der Vorsitzende der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt. Das sei unverantwortlich.

Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Udo Bullmann, beklagte eine „sinnlose Eskalation“ zwischen Frankreich und Italien, in der es nur Verlierer geben könne. Die Regierung in Rom treibe das Land „mehr und mehr in die wirtschaftliche und politische Isolation“. Auch den Umgang der Regierung mit auf hoher See geretteten Migranten rügte Bullmann.

Italien hatte zuletzt wiederholt Rettungsschiffe von Flüchtlings- Hilfsorganisationen wochenlang nicht in seine Häfen einlaufen lassen. Die Menschen an Bord seien „Gefangene einer Ideologie“ geworden, sagte Bullmann. Die Regierung solle aufhören, eine „grinsende Fratze der Unmenschlichkeit zu zeigen“. Der Vorsitzende der Christdemokraten im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), mahnte Reformen und mehr Haushaltsdisziplin in Italien an. „Ein stabiler Haushalt ist entscheidend für eine starke Wirtschaft“, sagte Weber. Stattdessen sehe man eine wachsende Verschuldung.

In der Debatte verteidigte Conte sich zuerst sachlich gegen die Kritik, zeigte sich über einige Vorwürfe aber auch sichtlich empört. Sie träfen nicht nur ihn, sondern das ganze italienische Volk, sagte er. Es seien „beschämende Dinge“ gesagt worden, etwa, dass Italien Kinder im Meer sterben lasse. Die Differenzen mit Frankreich zu einer Beschädigung des Verhältnisses beider Länder hochzuspielen, sei absurd. (dpa)

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