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Referendum: Mehrheit für Unabhängigkeit Montenegros

Einen Tag nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro hat die staatliche Wahlkommission eine Mehrheit für die Trennung von Serbien bestätigt. 55,4 Prozent der Wahlberechtigten stimmten für die Souveränität.

Podgorica/Brüssel - In einem historischen Referendum haben die Montenegriner das Ende des jugoslawischen Vielvölkerstaates besiegelt: Montenegro trennt sich von Serbien und wird zum jüngsten unabhängigen Staat Europas. Für die Trennung der beiden früheren jugoslawischen Teilrepubliken und die Gründung eines selbstständigen Montenegro stimmten nach Angaben der Wahlkommission am Sonntag 55,4 Prozent der Wähler, dagegen sprachen sich 44,6 Prozent aus. Mit 86,3 Prozent erreichte die Wahlbeteiligung demnach einen Rekord. Rund 480.000 Wahlberechtigte waren zu der Volksabstimmung aufgerufen.

Die Europäische Union akzeptierte in einer ersten Reaktion die Unabhängigkeitsentscheidung Montenegros, das erstmals 1878 auf dem Berliner Kongress als souveräner Staat anerkannt worden war und 1918 im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Jugoslawien) aufging. Sie sei zu Verhandlungen über eine engere Anbindung an die EU bereit, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag in Brüssel.

Positiv äußerte sich auch der EU-Chefdiplomat Javier Solana: «Wir werden das Ergebnis des Referendums vollständig respektieren und hoffen, dass auch die beiden Seiten des Volkes von Montenegro das tun werden», sagte er in Brüssel. Die hohe Wahlbeteiligung sei ein «Zeichen der Reife und des Verantwortungsbewusstseins des montenegrinischen Volkes»: «Sie bestätigt die Legitimität des Vorgangs.»

Der Regierungschef von Montenegro, Milo Djukanovic, verlangte - als Motor der Unabhängigkeitsbefürworter - von Serbien die Anerkennung der Abstimmung vom Sonntag. Das wäre der Beweis, dass Serbien demokratische Entscheidungen akzeptiert und an guten Beziehungen interessiert ist, sagte Djukanovic in Podgorica. Er gratulierte Serbien zu dessen neuer Selbstständigkeit.

Der frühere serbische Regierungschef Miroljub Labus, der vor kurzem aus Protest gegen die zugesagte, aber nicht eingehaltene Auslieferung des mutmaßlichen bosnisch-serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladic zurückgetreten war, verlangte die sofortige Anerkennung Montenegros durch Belgrad. «Die Politik der serbischen Regierung gegenüber Montenegro hat beim Referendum eine schwere Niederlage erlitten», sagte er der Belgrader Nachrichtenagentur Beta mit Blick auf die Bemühungen Serbiens, die Abspaltung zu verhindern.

Die internationalen Beobachter lobten den Verlauf des Referendums. Es habe keine größeren Unregelmäßigkeiten gegeben, die internationalen demokratischen Standards seien eingehalten worden, teilten die OSZE und der Europarat am Montag in Podgorica mit. Beide Organisationen hatten 365 Beobachter im Einsatz.

Serbien wird nach Darstellung serbischer Experten als Rechtsnachfolger des Staatenbundes in allen internationalen Organisationen bleiben. Das sei in der Gründungsurkunde des jetzt aufzulösenden Bundes, die unter EU-Vermittlung entstanden war, vorgesehen. Der neue Kleinstaat Montenegro müsse sich erst wieder überall im Ausland neu etablieren und auch ein eigenes diplomatisches Netz aufbauen.

Serbien kann sich nach Berichten der heimischen Medien leicht als souveräner Staat konstituieren. Mit der Änderung des Gesetzes über die Regierung und einer Unabhängigkeitserklärung könne das Parlament «innerhalb weniger Tage» diesen Schritt tun, wurde der Präsident des serbischen Verfassungsgerichts, Slobodan Vucetic, zitiert. Politiker in Belgrad verwiesen auf die Chancen auch für Serbien, nach fast 90 Jahren als Bestandteil eines größeren Staatswesens wieder ein souveräner Staat zu werden.

Die Armee von Serbien-Montenegro versicherte, sie werde den Willen der montenegrinischen Wähler akzeptieren. Die Streitkräfte würden sich nicht einmischen. Glückwünsche an Montenegro zum Unabhängigkeitsreferendum sandten Spitzenpolitiker der Region. (tso/dpa)

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