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Politik: Reform der EU: Prodi: Politiker wagen zu wenig

Kurz dem Reform-Gipfel der Europäischen Union in Nizza hat EU-Kommissionspräsident Romano Prodi heftige Kritik an den Regierungen der Mitgliedstaaten geübt. "Bislang werden die Reformverhandlungen von Taktik dominiert", sagte Prodi der Zeitung Welt.

Kurz dem Reform-Gipfel der Europäischen Union in Nizza hat EU-Kommissionspräsident Romano Prodi heftige Kritik an den Regierungen der Mitgliedstaaten geübt. "Bislang werden die Reformverhandlungen von Taktik dominiert", sagte Prodi der Zeitung Welt. "Die Politiker sind nicht bereit, ein Wagnis auf sich zu nehmen", meinte Prodi. Aus diesem Grund hält er die Gefahr eines Scheiterns des Gipfels für sehr groß. "Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 50 Prozent."

Eindringlich mahnt Prodi die französische EU-Ratspräsidentschaft, die Bemühungen um einen Erfolg zu verstärken. "Zu einer EU-Präsidentschaft gehört Großzügigkeit", fordert Prodi in Richtung Paris und fügt hinzu: "Dazu ist Frankreich fähig." Wichtig sei es, dass den EU-Regierungen in Nizza ein "entschlossener Fortschritt bei den Mehrheitsentscheidungen" gelingt. Und auch bei der verstärkten Zusammenarbeit von einigen EU-Ländern müsse man vorankommen. Diese sei aber "kein Ersatz für eine wirklich starke, gemeinsame europäische Politik".

Ausdrücklich unterstützt Prodi die deutsche Forderung nach einer Neugewichtung der Stimmen im Rat. "Ich halte das Modell der doppelten Mehrheit, wonach keine Entscheidung gegen die Mehrheit der EU-Bevölkerung gefällt werden darf, für das beste Modell", sagte Prodi. Er unterstützt auch die Bestrebungen Berlins, bis zum Jahr 2004 in einer neuen Regierungskonferenz über Kompetenzabgrenzungen zwischen der EU und den Staaten zu verhandeln.

Die EU-Außenminister wollten am Sonntagabend in Brüssel einen weiteren Versuch unternehmen, sich bei den vier schwierigen Themen für eine EU-Reform anzunähern. Entschieden werden muss auf dem Gipfel von Donnerstag bis Samstag kommender Woche über die so genannte Flexibilität, also eine verstärkte Zusammenarbeit einzelner Staaten, die künftige Besetzung der EU-Kommission, das Prinzip der Mehrheitsentscheidung und eine Stimmengewichtung, unter anderem nach Bevölkerungszahl. Die Reform der EU ist Voraussetzung für die Erweiterung um Staaten Mittel- und Osteuropas sowie von Zypern und Malta, die ab 2004 beginnen soll.

"Ich bin der Auffassung, dass wir gemeinsam Nizza zu einem Erfolg machen können und werden", sagte Schröder (SPD) nach dem Treffen mit Chirac am Samstag in Hannover. "Wir sind fest entschlossen, in Nizza ein positives und für alle akzeptables Ergebnis zu erzielen", bekräftigte Chirac. Bei der Stimmgewichtung - das strittigste Thema zwischen Deutschland und Frankreich - gebe es Fortschritte, aber es gehe sehr langsam, sagte Chirac. Wenn es in Nizza in diesen Fragen eine Einigung geben werde, dann erst ganz am Ende des Gipfels.

Chirac machte vor seinem Treffen mit Schröder Station in Den Haag. Dabei bestand der niederländische Ministerpräsident Wim Kok darauf, dass in Zukunft bei der Gewichtung der Stimmen der Unterschied zwischen großen, mittelgroßen und kleinen Ländern nicht zu groß werden dürfe.

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