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Viele Änderungen in der StVO betreffen Radfahrer.

© picture alliance / Britta Peders

Reform der Straßenverkehrsordnung: Eine vertane Chance für sicheren Radverkehr

Die Änderungen in der StVO bringen für Radfahrer kaum mehr Sicherheit. So sind sie ein falsches Versprechen auf Besserung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Helena Wittlich

Immerhin hat es der Mindestüberholabstand zu Fahrrädern geschafft. Am Freitag stimmte der Bundesrat über die Novelle der Straßenverkehrsordnung ab. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Änderungen im Sommer vorgestellt und angekündigt, dass sie vor allem mehr Sicherheit für Fahrradfahrer bringen sollen.

Fast hätten die Bundesländer den selbst ernannten Fahrradminister in seinem plötzlichen Engagement gebremst. Für viele der fahrradfreundlichen Vorschriften gab es Änderungsanträge. Einige hätten die Ergänzungen der StVO allerdings so aufgeweicht, dass nicht selten der Status Quo erhalten worden wäre.

Auch die klar formulierte Regelung zum Mindestabstand, den jeder Autofahrer beim Überholen eines Fahrradfahrers einhalten sollte, hätte den Entscheidungen der Länder zum Opfer fallen können.

Fahrradland Deutschland?

Dann ging es ganz schnell, viele Änderungsvorschläge lehnten die Bundesländer gemeinsam ab. Nun muss also jeder Autofahrer einen Mindestüberholabstand von 1,5 Meter innerorts und 2 Meter außerorts einhalten. Und nicht nur das schaffte es in die Neuauflage der Verordnung. Halteverbot auf Schutzstreifen und höhere Bußgelder für Falschparker auf Radstreifen kommen.

Lkws dürfen nur noch in Schrittgeschwindigkeit abbiegen, sobald die Änderungen in Kraft treten. Allein in diesem Jahr starben in Berlin drei Radfahrer durch abbiegende Lkws.
Ist die neue StVO ein Funken Hoffnung in dem gefährlichen Alltag, den Fahrradfahrer auf den Straßen Berlins erleben? Wer sich die Änderungen genauer anschaut, sieht die Lücken.

Ein falsches Versprechen

Warum nur Schrittgeschwindigkeit beim Abbiegen und keine verpflichtenden Abbiegeassistenten? So könnte man wirklich Leben retten. Warum gilt der Mindestüberholabstand nicht ausdrücklich auch für Radwege und Schutzstreifen? Dabei wurde an Schutz- und Radstreifen nach den Messungen des Tagesspiegel Radmesser fast genauso dicht überholt.

Den Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, dieses ausdrücklich mit aufzunehmen, lehnte die Mehrheit ab. Auf die Länder kommt ein großes Problem zu, sobald die Regelungen in Kraft sind. Berlin etwa schafft es schon jetzt nicht, die Radstreifen von Falschparkern freizuhalten. Dass dies sich ändert, sollten hunderte Kilometer Schutzstreifen mit Halteverbot hinzukommen, ist zu bezweifeln.

So lange die Polizei in Berlin weder Mindestüberholabstände kontrollieren kann noch diese Gefahr als Problem erkennt, warten Fahrradfahrer vergeblich auf die versprochene Sicherheit. Die StVO-Novelle ist eine vertane Chance, Deutschland tatsächlich zu einem Fahrradland werden zu lassen, wie es sich der Bundesverkehrsminister wünscht.

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