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Politik: Reformkommission denkt an Pflicht zur Altersvorsorge für Selbständige

BERLIN (cas/uwe). Die Bundesregierung sollte nach Ansicht der Reformkommission Soziale Marktwirtschaft den Umgang mit der Scheinselbständigkeit grundsätzliche neu regeln.

BERLIN (cas/uwe). Die Bundesregierung sollte nach Ansicht der Reformkommission Soziale Marktwirtschaft den Umgang mit der Scheinselbständigkeit grundsätzliche neu regeln. Die Kommission, der neben Wissenschaftlern und Unternehmern Politiker wie der Wirtschaftsstaatssekretär Siegmar Mosdorf (SPD) und die Finanzexperten Oswald Metzger (Grüne) und Friedrich Merz (CDU) angehören, rät, statt des umstrittenen Kriterienkatalogs für den Nachweis der Selbständigkeit über eine obligatorische soziale Mindestabsicherung für Selbständige nachzudenken. Wer eine Gründerwelle in Deutschland entfachen wolle, dürfe Existenzgründer nicht diskriminieren, so die Kommission.

Mit der Definition des Begriffes Scheinselbständigkeit würden "in erster Linie potentielle neue Unternehmer" getroffen, beklagt die Kommission in ihrem Grundsatzpapier zur Gründerkultur in Deutschland, dessen Entwurf dem Tagesspiegel vorliegt. Die aber seien gar nicht gemeint gewesen, als die Bundesregierung im Sozialgesetzbuch geregelt habe, wer als Scheinselbständiger gilt. Die Politiker hätten diejenigen schützen wollen, die von ihren Arbeitgebern in die Selbständigkeit gezwungen worden seien. Wer regelmäßig Arbeit für nur einen Auftraggeber erledigt, dessen Weisungen unterliegt, keine versicherungspflichtigen Angestellten beschäftigt und keinen unternehmerischen Marktauftritt hat, gilt als scheinselbständig, wenn zwei dieser Merkmale zutreffen. Insbesondere zu Beginn der Selbständigkeit sei es jedoch bei jungen Unternehmen wahrscheinlich, daß man zunächst nur einen einzigen Arbeitgeber habe und auch an dessen Weisungen gebunden sei, kritisiert die Kommission.

Vor diesem Hintergrund sei der Kriterienkatalog "größtenteils unverständlich". Wenn es darum gehe, spätere Notlagen und die Belastung der Gesellschaft zu vermeiden, könne "die Vorgabe einer Mindestabsicherung" erwogen werden. Bei dieser Pflichtversicherung müsse dann jedoch sorgfältig geprüft werden, wie schnell die eigene Altersvorsorge von Selbständigen aufgebaut werden müsse. In jedem Fall aber müsse sichergestellt werden, daß Selbständige die Art ihrer Alterssicherung frei wählen können und sich auch nur für eine Mindestabsicherung entscheiden können.

Wirtschaftsstaatssektretär und Kommissionsmitglied Siegmar Mosdorf erklärte gegenüber dem Tagesspiegel, daß eine obligatorische Grundsicherung kaum für die heutige Erwerbstätigengeneration in Frage käme. Das Problem der Scheinselbständigen stehe bei der Bundesregierung Mitte Juli wieder auf der Tagesordnung, wenn die Kommission zur Korrektur der Scheinselbständigkeit, die von Kanzleramtsminister Bodo Hombach geleitet wird, ihre Ergebnisse vorlege. Zwar halte er eine Grundsicherung nach dem Schweizer Modell für Selbständige, Beamte und Angestellte für sinnvoll. Doch sei dies eine Fundamentalreform, die erst für die kommende Erwerbsgeneration beschlossen werden könne.

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