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Regierung: Haitis Parlament bestätigt Ministerpräsidentin

Heftige Hungerunruhen hatten vor Monaten in Haiti die schwere Krise ausgelöst. Diese soll nun nach der Bestätigung der neuen Ministerpräsidentin vorbei sein: Michèle Pierre-Louis ist Wirtschaftsexpertin und leitet eine mächtige Nichtregierungsorganisation.

Nach monatelanger politischer Krise in Haiti hat das Parlament die Wirtschaftsexpertin Michèle Pierre-Louis als neue Regierungschefin bestätigt. Nach der Zustimmung des Abgeordnetenhauses Mitte Juli votierte am Donnerstag (Ortszeit) auch der Senat in Port-au-Prince für die 61-Jährige. Die zwei vorherigen Kandidaten, die Staatschef René Préval vorgeschlagen hatte, waren beim Parlament durchgefallen. Die Krise war vor gut drei Monaten durch Hungerunruhen ausgelöst worden, bei denen mehrere Menschen starben. Vor Beginn ihrer Regierungstätigkeit muss Pierre-Louis noch die Zustimmung des Parlaments zu ihrem Regierungsprogramm einholen.
  
Bei der Abstimmung sprachen sich zwölf Senatoren für Pierre-Louis aus, fünf weitere enthielten sich. Gegenstimmen gab es keine. Die neue Regierungschefin ist gelernte Ökonomin und leitet derzeit die mächtige Nichtregierungsorganisation Fokal (Stiftung Wissen und Freiheit), die größtenteils vom US-Milliardär George Soros, aber auch durch Spenden aus Frankreich und Kanada finanziert wird. Pierre-Louis steht nun vor der schwierigen Aufgabe, eine Regierung zu bilden, die die Ansprüche der verschiedenen Parteien im Parlament auf Ministerposten berücksichtigt. Präsident Préval hat im Parlament keine eigene Mehrheit.
  
"Es wurde ein erster Schritt gemacht", sagte Senator Youri Latortue zur Wahl von Pierre-Louis. "Nun wird der Dialog fortgesetzt, um dem Land eine Regierung zu geben und die dringenden Probleme zu lösen." Senator Jean Hector Anacasis, ein Vertrauter Prévals, zeigte sich skeptisch. Er habe sich enthalten, weil er nicht wisse, "ob man der Ministerpräsidentin die Mittel geben wird, den zahlreichen Herausforderungen zu begegnen", sagte er.
 
Macht auf einer Lüge aufbauen

  
Bei der Abstimmung spielten auch Gerüchte eine Rolle, Pierre-Louis sei homosexuell. Die Senatorin Edmonde Beauzile enthielt sich der Stimme, nachdem sie Pierre-Louis vorgeworfen hatte, sie wolle ihre Macht auf einer Lüge aufbauen.
  
Vor Pierre-Louis hatte Préval vergeblich Ericq Pierre und Robert Manuel für den Ministerpräsidentenposten vorgeschlagen. Der Wirtschaftsexperte Pierre hatte im Abgeordnetenhaus Mitte Mai die notwendige Mehrheit verfehlt. Seine Gegner gaben zur Begründung an, die von Pierre vorgelegten Ausweispapiere seien unvollständig beziehungsweise falsch. Einen Monat später ließ das Abgeordnetenhaus Prévals langjährigen Vertrauten Manuel mit der Begründung durchfallen, er verfüge nicht über die verfassungsmäßigen Voraussetzungen zur Wahl als Regierungschef, da er in den vergangenen fünf Jahren nicht in Haiti gelebt habe.
  
Pierre-Louis' Vorgänger Jacques-Edouard Alexis war Mitte April in Folge von Protesten gegen die rasant gestiegenen Lebensmittelpreise abgesetzt worden, bei denen sechs Menschen getötet und hunderte weitere verletzt wurden. Haiti gehört zu den ärmsten Ländern Amerikas. Mehr als 70 Prozent der Einwohner leben mit weniger als zwei Dollar pro Tag. (mpr/AFP)

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