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Regierung: Spekulationen über Ampel

Die unübersehbaren Probleme der großen Koalition nähren Wechselgerüchte. Steht das Ende der Regierung bevor? SPD und FDP versuchen Koalitionsspekulationen zu dämpfen.

Berlin - Nach Kritik aus der Union sagte die SPD übereinstimmenden Zeitungsberichten zufolge ein für kommenden Mittwoch geplantes Treffen von SPD- und FDP-Abgeordneten ab. An der Gesprächsrunde wollten den Berichten zufolge unter anderen FDP-Vize Rainer Brüderle und auf SPD-Seite die stellvertretende Parteivorsitzende Elke Ferner sowie der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, teilnehmen. FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms warnte seine Partei vor Diskussionen über ein mögliches Regierungsbündnis mit der SPD.

Einer der Initiatoren des sozial-liberalen Treffens, der FDP-Umweltpolitiker Michael Kauch, bestätigte der "Frankfurter Rundschau" und der Münchner "Abendzeitung" die Absage des Treffens auf Druck der SPD. "Auf Bitten der SPD wurde der Termin auf unbestimmte Zeit verschoben", sagte Kauch der "AZ". Demnach wollten mehr als 20 Bundestagsabgeordnete an dem Gespräch teilnehmen. Laut "Frankfurter Rundschau" sollte es darum gehen, über Gemeinsamkeiten und Differenzen in der Sachpolitik zu sprechen. Ein neuer Termin wurde noch nicht anberaumt. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach hatte zuvor gesagt: "Die SPD kann nicht auf offener Bühne der großen Koalition die Treue schwören und hinter den Kulissen ein anderes Stück spielen."

Lambsdorff spricht sich für Ampel aus

Solms sagte dem Düsseldorfer "Handelsblatt" zu den Koalitionsspekulationen: "Es gibt überhaupt keinen Anlass, das jetzt zu entscheiden." Er widersprach damit Äußerungen des FDP-Ehrenvorsitzenden Otto Graf Lambsdorff, der seiner Partei empfohlen hatte, sich über die Möglichkeit einer Dreier-Koalition mit SPD und Grünen Gedanken zu machen.

Brüderle und Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer lehnten einen Koalitionswechsel ohne Neuwahlen ab. Brüderle sagte der "Leipziger Volkszeitung": "Ohne Neuwahl geht mit uns nichts." Er halte Neuwahlen "im ersten Halbjahr 2008 für denkbar, und keiner weiß, ob dann Herr Beck oder Frau Merkel vorn liegen werden." Berichte über sozial-liberale Annäherungen seien "völlig verfrüht, aber vor dem Hintergrund einer völlig eiernden großen Koalition völlig normal, schließlich müssen wir gesprächsfähig sein und wissen, was die anderen denken". Doch ihm wäre es "lieber, wir könnten uns ohne grelle Scheinwerfer zum Gespräch beim Bier treffen, als jetzt im Blickwinkel der Öffentlichkeit zu stehen".

Grüne sehen Erosionsprozess bei der großen Koalition

Bütikofer sagte der Zeitung: "Falls die große Koalition vorzeitig scheitert, soll man ihr die Quittung der Wählerinnen und Wähler nicht ersparen." Unter Hinweis auf das Dreier-Angebot Lambsdorffs sagte Bütikofer: "Dass die FDP aus ihrer marktradikalen Arbeitsteilung heraus muss, wenn sie im Bund je wieder regieren will, sage ich seit einem Jahr. Langsam sickert bei denen diese Einsicht auch durch." Jetzt aber "sehnsüchtig nach links zu zwinkern", reiche nicht. Entscheidend sei die inhaltliche Substanz. Auch er verwies aber auf die Probleme in der großen Koalition vor allem bei der Gesundheitsreform.

Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck sagte der "Netzeitung", aus seiner Sicht sei die große Koalition in der "größen Krise" seit ihrem Bestehen. Das Debakel bei der Gesundheitsreform zeigt laut Beck: "Der Erosionsprozess der großen Koalition nimmt rasant an Geschwindigkeit zu." Daran werde auch das Spitzengespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Kurt Beck nichts ändern. (tso/AFP)

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