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Nähe ist da: CDU-Chef Volker Bouffier (rechts) und Grünenchef Tarek Al Wazir bei Sondierungsgesprächen.

© dpa

Regierungsbildung in Hessen: Sondierungen ohne Ende

Alles kann, nix muss: Bei der Regierungsbildung in Hessen zeigen sich die Grünen umtriebig, die Sozialdemokraten interessiert und die Linken freundlich. Nur die Christdemokraten unter Landeschef Volker Bouffier lehnt sich erst mal zurück - sie haben aber einen Plan.

In Hessen, das zeitgleich mit der Bundestagswahl einen neuen Landtag gewählt hat, gehen die Sondierungen der Parteien jetzt  in die dritte Runde. Auch im hessischen Landesparlament hat die schwarz-gelbe Regierung ihre Mehrheit verloren, auch dort reicht es nicht für Rot-Grün und es gibt, wie im Bundestag, eine rechnerische Mehrheit für Rot-Rot-Grün. Während sich allerdings im Bund die Anzeichen für eine große Koalition mehren, sind in Hessen nach wie vor mindestens drei Optionen im Gespräch. Schließlich haben die Parteistrategen hier reichlich Zeit für den Koalitionspoker: Die Legislaturperiode und damit die Amtszeit der CDU/FDP Regierung von Ministerpräsident Volker Bouffier endet erst im Januar 2014. Außerdem gilt in Hessen keines der rechnerisch möglichen Bündnisse als ausgeschlossen.

Grünenchef Tarek Al-Wazir strebt erkennbar ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis an, obwohl die damalige SPD-Chefin Andrea Ypsilanti 2008 mit ihrem ersten Anlauf zu einer solchen Regierung krachend gescheitert war. Mit dem Wahltag sei die schwarz-gelbe Regierung abgewählt, die Wähler erwarteten den Wechsel, so Al-Wazir. Ähnlich sehen das die Linken, die den Wiedereinzug in den Landtag geschafft haben. Auf einem Landesparteitag haben sie ihre grundsätzliche Bereitschaft für ein Regierungsbündnis oder die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung erklärt. Allerdings gibt es in der Finanzpolitik zwischen den möglichen Partnern große Differenzen. Bis zum Jahr 2020 muss Hessen einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, ohne neue Schulden. So steht es in der Verfassung. In der vergangenen Legislaturperiode hat die Regierung trotz Rekordeinnahmen Jahr für Jahr Hunderte Millionen neue Schulden aufgetürmt. Deshalb spricht man von einem strukturellen Defizit, das abzubauen ist. Die resolute Fraktionschefin der Linken, Janine Wissler, hat kategorisch ausgeschlossen, dass die Linken einem Stellenabbau im Landesdienst oder einer Sparrunde zustimmen werden. Dass sich dieser  finanzpolitische Zielkonflikt auflösen lässt, ist eher unwahrscheinlich.

Schwarz-Grün ist möglich - Schwarz-Rot wahrscheinlich

Dagegen ist auch nach dem Scheitern der schwarz-grünen Sondierungsgespräche in Berlin ein schwarz-grünes Bündnis in Hessen immer noch denkbar. CDU und Grüne erklärten nach ihrer zweiten Sondierungsrunde am Mittwoch „den Willen, aus den Kämpfen der vergangenen Jahren herauszufinden“, so Grünen-Chef Tarek Al Wazir. Man vereinbarte eine dritte Sondierungsrunde. Doch der politische Preis, den die eher konservative hessische CDU für dieses Bündnis zahlen müsste, ist hoch. Bei den hessischen Grünen entscheidet eine Landesversammlung und nicht eine Delegiertenkonferenz über Koalitionsfragen. Um ohne Risiko in eine solche Abstimmung gehen zu können, bei der jedes Mitglied stimmberechtigt ist, müsste die Grünen-Führung der CDU ein  Regierungsprogramm abhandeln, dass erkennbar eine grüne Handschrift trägt.

Deshalb gilt auch in Wiesbaden eine große Koalition als wahrscheinlichste Option. Sie wäre für die CDU zwar mit dem Verlust von zwei oder drei Ministerposten verbunden, wäre aber mit weniger Risiken behaftet. CDU-Chef Bouffier und sein SPD-Pendent Thorsten Schäfer-Gümbel mögen sich nicht besonders. Sie sind aber zu einem professionellen Miteinander in der Lage und verfügen in den eigenen Reihen über die nötige Autorität, Vereinbarungen eines Regierungsbündnisses durchzusetzen. Ende Oktober gehen in Hessen die Herbstschulferien zu Ende. Dann, so hat es der Ministerpräsident und CDU-Chef angekündigt, will die stärkste Landtagspartei festlegen, mit wem sie in ernste Koalitionsverhandlungen eintritt, mit der SPD oder den Grünen.

Sollten dagegen SPD, Grüne und Linke zusammengehen, gehe er „stolz in die Opposition“, so Bouffier. Die FDP, deren Fraktion von 20 auf 6 Abgeordnete geschrumpft ist, bereitet sich bereits auf die Oppositionsrolle vor. Sie hat allerdings ein Gesprächsangebot von SPD-Chef Schäfer-Gümbel angenommen. „Ein ganz normaler Vorgang“, so der scheidende FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn, der die in Hessen rechnerisch möglich rot-grün-gelbe Ampel stets kategorisch ausgeschlossen hat.

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