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Der erste seiner Art. Bodo Ramelow könnte als Linken-Politiker Ministerpräsident werden. Nicht allen gefällt diese Premiere.

© dpa

Regierungsbildung in Thüringen: Grüne wollen koalieren, dennoch muss Bodo Ramelow zittern

Ob in Thüringen tatsächlich erstmals ein Linker regieren wird, hängt von etlichen Unwägbarkeiten ab.

Nun sind auch die Bündnisgrünen zu einer Koalition mit Linken und SPD in Thüringen bereit. Der Landesvorstand stimmte am Abend erwartungsgemäß für die Aufnahme von Verhandlungen. Landeschef Dieter Lauinger sagte: „Es gibt die Möglichkeit zum Politikwechsel. Die Grünen müssen das auch wagen.“

Der Zug in Richtung einer rot-rot-grünen Regierung in Erfurt scheint damit nicht mehr aufzuhalten zu sein. Doch angesichts der hauchdünnen Mehrheit von nur einer Stimme ist ein Entgleisen immer möglich. Entsprechend gebannt blicken die Partner bereits auf die Wahl des Ministerpräsidenten. Voraussichtlich Anfang Dezember könnte mit Bodo Ramelow erstmals ein Politiker von der Linken gewählt werden.

Welche Zitterpartie bevorsteht, zeigt ein Blick auf die Mehrheitsverhältnisse. Linke, SPD und Grüne haben zusammen 46 Stimmen. Die CDU und die neu in den Landtag eingezogene AfD kommen auf 45 Abgeordnete. Würde sich im ersten und zweiten Wahlgang nur ein einziger Abgeordneter des rot-rot-grünen Lagers der Stimme enthalten, wäre Ramelow nicht gewählt. Ab dem dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit. Schon wird über Wackelkandidaten spekuliert. Etwa der Grünen-Abgeordnete Olaf Möller, der laut Medienberichten „geheime Gespräche“ mit der CDU über eine Regierungsbildung geführt haben soll.

Tritt Lieberknecht als Gegenkandidatin an?

CDU-Landeschefin und Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht schien diese Woche in sich hinein zu lächeln, als sie gefragt wurde, ob sie eine Gegenkandidatur zu Ramelow erwägt. Sie, vielleicht CDU-Fraktionschef Mike Mohring oder auch der neue Hoffnungsträger der Thüringer Union, der frisch gewählte Parlamentspräsident Christian Carius, kämen für solch einen Coup in Frage. Ramelow selbst hat es im Jahr 2009 vorgemacht, als Lieberknecht nicht in den ersten beiden Wahlgängen zur Ministerpräsidentin gewählt wurde. Im dritten Wahlgang trat Ramelow gegen sie an - und schloss damit die christdemokratischen Reihen.

Gut möglich, dass die Angst vor Neuwahlen das rot-rot-grüne Lager diszipliniert. Würde Ramelow aber tatsächlich in einen dritten Wahlgang gezwungen, könnte alles passieren. Dann unterstützt womöglich die AfD einen CDU-Bewerber. Entsprechende Signale soll es geben. Käme nur ein Abweichler von Rot-Rot-Grün hinzu, wäre es um den Linken-Vormann geschehen.

Vorerst sieht die AfD-Fraktion in Lieberknecht „keine geeignete Kandidatin“, wie der parlamentarische Geschäftsführer Stefan Möller sagt. Er fügt aber hinzu: Falls die CDU einmütig einen Bewerber aufstelle, werde man sich genau ansehen, wer das ist und welches Programm er habe. Eine Unterstützung Ramelows schloss Möller für seine Fraktion so gut wie aus.

Sollte der Thüringer Regierungszug doch noch mit einem CDU-Ministerpräsidenten einfahren, müssten sich SPD und Grüne wie in einem Alptraum fühlen. Weil die CDU sicherlich nicht mit Hilfe der AfD regieren will, könnte sie den beiden Parteien umgehend Koalitionsgespräche anbieten. Würden die einwilligen, drohte ihnen ein Verlust an Glaubwürdigkeit. Lehnten sie ab, kämen Neuwahlen mit unabsehbaren Folgen. CDU und AfD legen dann wohl weiter zu. Dagegen würde die ohnehin schon gerupfte SPD noch mehr Federn lassen. Und die Grünen könnten ganz aus dem Landtag fliegen.

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