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Bundesaußenminister Guido Westerwelle ist bereits in Kiew eingetroffen und unterhält sich mit Boxweltmeister Vitali Klitschko über die Lage im Land.

© Reuters

Regierungschef Asarow droht der Westukraine: Witali Klitschko: „Wir wollen die Revolution“

Die Lage in der Ukraine ist nach wie vor angespannt. Regierungschef Mykola Asarow droht jenen Bezirken, die die Demonstrationen unterstützen, das Geld zu streichen. Die Opposition um Boxweltmeister Klitschko kündigt eine Verschärfung des Protests an.

„Stopp!“, heißt es auf dem Transparent. „Gebt sie wieder frei!“, ruft die Menge. Doch das Bezirksgericht des Kiewer Stadtteils Schewtschenko kennt keine Gnade. Der autoritäre Machtapparat des Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch will während der Chinareise des Chefs wieder die Oberhand in Kiew gewinnen. Das vom Willen des Präsidenten abhängige Bezirksgericht hat deshalb neun angebliche Rädelsführer der blutig niedergeschlagen Proteste vom Samstagmorgen für mindestens 60 Tage festgenommen. Die jungen Männer wurden wie Tiere in Gitterkäfigen dem Haftrichter vorgeführt. Unter ihnen befindet sich ein Ex-Mitglied der bekannten Rockgruppe „Okean Elzy“ (Elisas Ozean), die ihren Hitparadensturm mit Live-Auftritten neben Julia Timoschenko während der „Orangenen Revolution“ begonnen hat.

„Wir wollen die Revolution“, ruft Witali Klitschko

Auf dem Maidan, dem zentralen Unabhängigkeitsplatz, haben sich bereits wieder rund 15 000 wütende und enttäuschte Bürger eingefunden. Oppositionsführer warnen erneut vor Provokateuren und einer Gewaltlösung der Sicherheitskräfte. „Wir zwingen die Janukowitsch-Bande zum Rücktritt, wir wollen die Revolution“, ruft Boxweltmeister Witali Klitschko den Demonstranten zu. Eine neue Kiewer Protestnacht beginnt – es ist bereits die vierzehnte.

Tagsüber hatten sich auch die Gehässigkeiten zwischen Ost- und Westukraine gefährlich zugespitzt. Und Janukowitschs Mannschaft goss erneut Öl ins Feuer. Am Mittwoch drohte Regierungschef Mykola Asarow der Westukraine damit, den Geldhahn aus Kiew zuzudrehen. Er reagierte damit auf die Solidaritätserklärung der drei westlichen Bezirke Lwiw (Lemberg), Ternopil und Iwano-Frankiwsk mit den proeuropäischen Demonstranten in der Hauptstadt Kiew.

Die drei genannten Verwaltungseinheiten gelten als Hochburgen der demokratischen Opposition. Vor allem die nationalistische Partei „Swoboda“ ist dort stark; in mehreren Städten beherrscht sie die öffentliche Verwaltung. Asarow warf den Westukrainern „Amoralität“ und „Verantwortungslosigkeit“ vor. Keine Kritik äußerte der Premier dagegen am Bürgermeister von Sewastopol auf der Halbinsel Krim, der Russland um eine Militärintervention in der Ukraine gebeten hatte. Im ostukrainischen Donetzk versammelten sich am Mittwochmittag Tausende in klirrender Kälte zu einem „Anti-Maidan“, einer Demonstration gegen die EU-Integration.

EU-Außenministern reisen nach Kiew

Gestärkt durch die gewonnene Vertrauensabstimmung vom Dienstag bestand Asarow bei einer Kabinettssitzung nicht mehr auf der Absetzung des Kiewer Polizeichefs, auch stellte er sich zumindest vorläufig hinter alle seine Minister. Noch am Vortag hatte er eine Kabinettsumbildung in Aussicht gestellt. Asarow entsandte nun stattdessen seine Vizeminister zu Gesprächen nach Russland und zur EU.

Am morgigen Donnerstag wird in Kiew eine Reihe von EU-Außenministern, darunter Bundesaußenminister Guido Westerwelle und sein polnischer Amtskollege Radoslaw Sikorski, zu einem OSZE-Treffen erwartet. Ausgerechnet Kiew mit seiner schwer kranken politischen Gefangenen Julia Timoschenko hat dieses Jahr den OSZE-Vorsitz inne.

Energieminister Juri Bojko eilte nach Moskau, um die Gaslieferungen für den Winter sicherzustellen. Putin hatte Staatspräsident Janukowitsch Preisnachlässe in Aussicht gestellt, falls dieser nicht nur der EU-Assoziation entsagt, sondern auch seiner „Eurasischen Zollunion“ beitritt. Letzteres lehnt Kiew offiziell zumindest ab.

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