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Benjamin Netanjahu, Premierminister von Israel, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommen am Donnerstag gemeinsam zu einer Pressekonferenz in Jerusalem.

© Odes Balilty/AP/dpa

Regierungskonsultationen: Merkels klare Worte in Israel

Die Kanzlerin betont die Verantwortung Deutschlands im Kampf gegen den Antisemitismus, spricht aber auch Streitpunkte zwischen den Ländern an.

Gut gelaunt reiste Angela Merkel mit zahlreichen Kabinettsmitgliedern nach Israel zu den 7. deutsch-israelischen Regierungskonsultationen. Die Unstimmigkeiten der vergangenen Monate zwischen Berlin und Jerusalem – die Absage der Konsultationen im vergangenen Jahr von deutscher Seite, Netanjahus Absage des Treffens mit dem damaligen Außenminister Sigmar Gabriel – all das schien bei diesem Besuch keine Rolle mehr zu spielen. Die Verschiebung der Konsultationen 2017 hätten rein terminliche Gründe gehabt, versicherte Merkel am Donnerstag in Jerusalem auf Nachfrage. Beobachter gingen bisher davon aus, dass die Bundesregierung über die Siedlungspolitik der Israelis verstimmt war und deshalb absagte.

Nicht, dass es keine Streitpunkte zwischen beiden Regierungen gäbe – bei Themen wie der israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland, dem Umgang mit dem Iran oder dem neuen israelischen Nationalstaatsgesetz zum Beispiel. Merkel beschönigte das nicht, betonte aber die Gemeinsamkeiten und die tiefe Freundschaft der beiden Länder. „Das Vertrauen gleicht einem Wunder“, sagt sie am Vormittag im Israel-Museum, wo ihr die Ehrendoktorwürde der Universität Haifa verliehen wurde.

Mahnende Worte klingen aktueller denn je

Zuvor besuchte sie mit der Regierungsdelegation die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. In ihrem Eintrag in das Gästebuch schrieb Merkel von den „beispiellosen Verbrechen des Zivilisationsbruches der Schoah“. „Daraus erwächst die immerwährende Verantwortung Deutschlands, an diese Verbrechen zu erinnern und Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt entgegenzutreten“.

Worte dieser Art, die bei Treffen mit Vertretern Israels obligatorisch fallen, klingen bei den diesjährigen Konsultationen aktueller denn je. In Israel beobachtet man mit Sorge den steigenden Antisemitismus, Angriffe auf jüdische Bürger und rechtsextreme Demonstrationen. Nicht umsonst ist die Bundesregierung mit dem neuen Antisemitismus-Beauftragten Felix Klein angereist. Die Botschaft Deutschlands an Israel: Man ist sich des Problems bewusst und tut etwas.

Israels Siedlungspolitik gehört weiter zu den Streitpunkten

Und auch: Trotz Meinungsverschiedenheiten steht Deutschland fest an der Seite Israels. Als Freunde muss man allerdings auch streiten können. Zu diesen Streitpunkten gehört die Siedlungspolitik – und ganz aktuell die Räumung des Beduinendorfs Khan al-Achmar im Westjordanland. Seit 1. Oktober haben die Sicherheitskräfte grünes Licht, das Dorf einzureißen, so hat es der Oberste Gerichtshof entschieden. Dass es aus diplomatischen Gründen vor den oder während der Konsultationen nicht dazu kommen würde, galt schon im Vorfeld als wahrscheinlich.

In israelischen Medien wurde allerdings berichtet, die Konsultationen stünden auf dem Spiel, würde das Dorf abgerissen. Merkel zeigte sich darüber verwundert, sprach während der knapp einstündigen Fragerunde mit Studenten der Universität Haifa im Israel-Museum sogar von „Fake News“. Man habe nie in Erwägung gezogen, die Regierungskonsultationen platzen zu lassen. In Israels Regierung hätte man sich gar gewünscht, dass das Thema  während des Besuchs gar keine Erwähnung findet. Die für ihre unverblümte Art bekannte israelische Kulturminister Miri Regev richtete ihre Botschaft deshalb schon am Mittwoch an Merkel: „Ich rate ihr, sich mit internen Problemen in ihrem eigenen Land zu befassen.“

Es geht um einen zusammenhängenden palästinensischen Staat

Dass Deutschland die Räumung des Beduinendorfs alles andere als gut heißt, ist allerdings längst bekannt: Zusammen mit anderen EU-Staaten warnte Deutschland bereits vor den Folgen des Abrisses. Denn: Wenn auf jenem Gebiet irgendwann jüdische Siedlungen entstehen, wäre ein zusammenhängender palästinensischer Staat nur noch schwer zu realisieren. Dessen Gründung sieht die Bundesregierung aber als zentral für eine Lösung im Nahostkonflikt: Ein palästinensischer Staat neben einem jüdischen – auch dies wiederholte Merkel während ihrer Reise.

Uneins beim Iran, einig bei Wirtschaft, Wissenschaft und Cyber

Beim Thema Iran versuchte die Kanzlerin, die gemeinsamen Interessen in den Vordergrund zu stellen: Auf jeden Fall müsse die nukleare Aufrüstung des Mullah-Regimes verhindert werden. Nur beim „Wie“ habe man andere Vorstellungen. Deutschland hält weiterhin am Atomabkommen mit dem Iran fest. Netanjahu richtete seine Kritik direkt an Europa: Die Aggressionen aus Teheran seien auf die europäische Unterstützung zurückzuführen.

Einig waren sich Merkel und Netanjahu dafür in Sachen Wirtschaft, Wissenschaft und Cyber – Bereiche, in denen beide Staaten bereits zusammenarbeiten und die Kooperation ausbauen wollen. So reiste erstmals eine Unternehmensdelegation mit, die beiden Regierungschefs besuchten außerdem gemeinsam eine Ausstellung mit Innovationen deutscher und israelischer Firmen im Israel-Museum. „Der Austausch zwischen Deutschland und Israel ist in der Lage, die Welt zu verändern“, so Netanjahu. Beide Seiten verständigten sich außerdem darauf, zukünftig ein deutsch-israelisches Jugendwerk zu gründen.

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