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Politik: Rente: Union spekuliert auf Wahlkampfschlager

CDU und CSU haben am Freitag die Rentenkonsensgespräche mit der Bundesregierung abgebrochen - oder besser gesagt: Sie haben sie in die Gremien des Bundestages verlagert.Nach einer Sondersitzung der Unionsfraktion am frühen Morgen verkündeten Fraktionschef Friedrich Merz und die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) den neuen Kurs: Man redet nicht mehr außerhalb des Parlaments miteinander, sondern wie bei anderen Gesetzen auch im Plenum und in den Ausschüssen.

Von Robert Birnbaum

CDU und CSU haben am Freitag die Rentenkonsensgespräche mit der Bundesregierung abgebrochen - oder besser gesagt: Sie haben sie in die Gremien des Bundestages verlagert.

Nach einer Sondersitzung der Unionsfraktion am frühen Morgen verkündeten Fraktionschef Friedrich Merz und die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) den neuen Kurs: Man redet nicht mehr außerhalb des Parlaments miteinander, sondern wie bei anderen Gesetzen auch im Plenum und in den Ausschüssen. Ob die Union am Ende einer Rentenreform zustimmt oder nicht, bleibt somit offen. Man sei zum Konsens weiterhin bereit, aber es komme auf dessen Inhalt an, sagte Merz: "Der Konsens ist kein Selbstzweck."

Welche Inhalte die Union durchsetzen will, wurde der Regierungsseite am Mittag von den Unterhändlern von CDU und CSU in einem Forderungskatalog übermittelt. Die Hauptkritik gilt dem Ausgleichsfaktor, mit dem Arbeitsminister Walter Riester (SPD) in seinem als "Diskussionsentwurf" deklarierten Vorschlag auf die Verschiebung im Generationengefüge reagieren will: Wer zwischen 2011 und 2030 aus dem Arbeitsleben ausscheidet, dessen Rente soll mit jedem Jahr um 0,3 Prozent gekürzt werden. Das sei inakzeptabel, weil es einseitig zu Lasten der heute Jüngeren gehe, moniert die Union. Eine "grobe Verletzung der Generationengerechtigkeit" nennt Stoiber Riesters Idee, als bloßen "Kürzungsfaktor" verwirft sie Merz: "Wenn es dabei bleibt, wird es einen Konsens nicht geben."

Als Alternative bringt die Union den von Norbert Blüm ersonnenen demographischen Faktor wieder ins Spiel. Der belastet in der Tat die Generationen gleichmäßiger, weil er das künftige Rentenniveau nicht so stark sinken lässt wie Riesters Modell; vor allem aber, weil er auch den Rentnern von heute schon zumutet, einen Anteil an der Finanzierung der Probleme der kommenden zwanziger und dreißiger Jahre zu tragen.

Das ist freilich nicht populär. CDU und CSU, zu deren wichtigem Wählerpublikum die Rentner nun einmal gehören, hatten sich deshalb bislang nur halbherzig für die Renaissance des Blüm-Faktors stark gemacht. Auch jetzt betont Merkel, wenn jemand bessere Lösungen finden sollte, sei die Union offen. Stoiber sekundiert, über die Ausgestaltung dieses Faktors könne man reden; aber ganz ohne ihn gehe es nicht. Denn es sei nun einmal so, spottet der Bayer, dass die Bundestagswahl nichts an der Bevölkerungsentwicklung geändert habe - auch wenn das offenbar dieser oder jener geglaubt habe, als er 1998/99 die Blümsche Rentenreform rückgängig gemacht habe.

Andere Änderungswünsche treten hinter diesen Hauptpunkt deutlich zurück. So fordert die Union anstelle des von Riester geplanten stufenweise steigenden Kinder-Zuschlags zur privaten Altersvorsorge, sofort mit zehn Mark pro Kind im Monat einzusteigen und die Förderung in drei Jahresschritten auf 30 Mark zu erhöhen.

In die Abteilung "Politisches Kleingeplänkel" fällt die Forderung, die Regierung müsse offenlegen, welche Form von Rentenbesteuerung sie plane. Auch CDU und CSU haben schließlich in der Zeitung gelesen, dass Kanzler Gerhard Schröder seinen Finanzminister Hans Eichel eben mit solchen Plänen zurückgepfiffen hat, weil er eine populistische Debatte fürchtete.

Nicht ohne Grund, wie Merz deutlich macht: "Eine Kombination aus Öko-Steuer und grober Verletzung der Generationengerechtigkeit ist vielleicht besonders geeignet, die Landtagswahlkämpfe in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu führen." Merkel, Stoiber und der Fraktionschef machen gar kein Hehl daraus, dass sie aus den außerparlamentarischen Konsensgesprächen auch deshalb aussteigen, weil ihnen das eine frühe Festlegung erspart und das Thema Rente für jene Wahlkämpfe erhält. Bis zum Jahresende könne die Reform im Bundestag keinesfalls abgeschlossen werden, sagt Merz. Und: "Wir entscheiden uns am Ende des Verfahrens, nicht am Anfang."

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