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Rentenanspruch: "Keine Privilegien für Stasi-Mitarbeiter"

Fast 20 Jahre nach dem Mauerfall will die Witwe eines Ex-Stasi-Offiziers eine höhere Rente einklagen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2004 festgelegt, dass bei der Stasi überhöhte Gehälter gezahlt wurden und deshalb die Renten der Mitarbeiter nicht in voller Höhe gezahlt werden dürfen.

Auch 19 Jahre nach dem Mauerfall ziehen frühere Stasi-Mitarbeiter wegen ihrer Rentenkürzungen vor Gericht. Das Berliner Sozialgericht wies am Mittwoch die Klage der Witwe eines Ex-Stasi-Offiziers ab. Die 74-jährige frühere Juristin wollte eine Aufhebung der gekürzten Bezüge und eine Nachzahlung von rund 40.000 Euro erreichen. Gleichzeitig erlaubte das Gericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung, das Bundessozialgericht zur Klärung anzurufen. Nach Angaben von Kläger-Anwalt Benno Bleiberg strebt er die gerichtliche Überprüfung von mehreren tausend Fällen an. Die Kürzungen seien willkürlich.

Die Renten von früheren Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) werden nach dem Niveau von DDR-Durchschnittsverdienern berechnet. Eine erste Kürzung auf 70 Prozent des Durchschnitts war aufgehoben worden. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt 2004 geurteilt, dass bei der Stasi überhöhte Gehälter gezahlt wurden und eine Reduzierung auf den DDR-Durchschnitt gerechtfertigt sei.

Kläger: Andere Bereiche hatten ähnliche Gehaltsstruktur

Das Gericht stützte sich bei seiner Argumentation auf ein Gutachten der Klägerseite. Darin wird aufgeführt, dass Stasi-Leute 1988 knapp 60 Prozent höhere Gehälter hatten als der Durchschnitt. Damit seien die Stasi-Gehälter, für die auch keine Steuern gezahlt wurden, politisch begünstigt gewesen, folgerte Richter Michael Kanert. Die Kläger-Seite führte hingegen an, dass es in der Nationalen Volksarmee (NVA) und im Ministerium des Inneren eine vergleichbare Gehaltsstruktur wie bei der Stasi gab, für diese Bereiche aber keine Renten-Kürzungen angesetzt wurden.

Der Mann der Witwe, ein Physiker, arbeitete verdeckt als Offizier im besonderen Einsatz zeitweise an der Akademie der Wissenschaften der DDR und am Zentralinstitut für Hochschulbildung für die Stasi. Er erhielt zuletzt eine Rente von 1958 DM (1001 Euro).

Der Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, begrüßte die Entscheidung des Sozialgerichts. "Es kann nicht sein, dass die Privilegien von Stasi-Mitarbeitern auf dem Klageweg in die Demokratie herübergerettet werden. Wer jahrelang einem Unrechtsregime gedient hat, darf dafür heute nicht noch belohnt werden." (nal/dpa)

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