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Politik: Rentengespräche: Die Risiken des Redens - Die CDU trifft sich zu einer Krisensitzung (Kommentar)

Manchmal denkt Angela Merkel das Richtige und tut trotzdem das Falsche. Die CDU-Chefin überlegt, nach dem Steuerreform-Desaster die CDU-Spitzen zu einer Sondersitzung einzuberufen.

Von Robert Birnbaum

Manchmal denkt Angela Merkel das Richtige und tut trotzdem das Falsche. Die CDU-Chefin überlegt, nach dem Steuerreform-Desaster die CDU-Spitzen zu einer Sondersitzung einzuberufen. Sie hat den Sinn nicht recht gesehen - und trotzdem eingeladen. Eberhard Diepgen aus Berlin wird kommen, Jörg Schönbohm aus Brandenburg wird kommen, Bernd Neumann aus Bremen kommt auch. Die Abweichler. Mancher sagt im Stillen: die Verräter.

Da werden sie am nächsten Montag sitzen, und die anderen werden sie böse angucken. Nichts kann die Hilflosigkeit der Christdemokraten noch Tage nach dem K.o.-Schlag besser illustrieren als diese Einladung zur Krisensitzung. Gewiss, die CDU muss sich darüber beraten, wie es weitergehen soll. Gewiss, die neue Kultur des offenen Gesprächs gebietet, dass dies in den zuständigen Gremien passiert. Gewiss, die Aussicht ist unerfreulich, dass die CDU wohl die Hauptdarstellerin des Sommertheaters abgibt. Aber: Auch politische Wunden heilen schlecht, wenn der Patient sie selber aufreißt.

Was soll das CDU-Präsidium tun? Die Abweichler abstrafen, wie das CSU-Generalsekretär Goppel verlangt? Diepgen zum Rückzug vom CDU-Vorsitz in Berlin - ja was: überreden? Das belegt nur: Der Schwarze Freitag der Unsolidarität ist keineswegs aus heiterem Himmel über die Union hereingebrochen. Einer wie Goppel ist viel zu intelligent, um nicht zu wissen, dass er Forderungen stellt, die die CDU nicht erfüllen kann. Er bohrt also nur tief in der Wunde der Parteischwester. Die CSU will davon ablenken, dass sie mit ihrem Drängen auf einen scharfen Kurs das Debakel mitverschuldet hat. Wie sie ja überhaupt in Gestalt ihres Chefs Edmund Stoiber seit Freitag versucht, für sich das Beste aus der üblen Lage herauszuholen. Aus München sind wieder die Rufe nach einem harten Oppositionskurs zu hören, mit denen Stoiber schon den neuen CDU-Chef Schäuble vor sich hergetrieben hatte.

Was kann das CDU-Präsidium überhaupt tun? Einen festen Schwur leisten, dass so etwas ganz bestimmt nicht wieder vorkommt? Der Schwüre hat es genug gegeben, gehalten haben sie nicht. Sie wären vorerst auch deshalb bedeutungslos, weil es kein Großprojekt gibt, bei dem die Union eine weitere Kraftprobe versuchen könnte.

Vielleicht ist die Krisensitzung aus gruppendynamischen Gründen unabweisbar. Aber für die CDU-Führung, für Merkel und Fraktionschef Merz birgt sie Risiken. Weil nichts passieren wird. Weil sich entweder die Abweichler mit Zähnen und Klauen verteidigen werden, was die anderen hochnotpeinlich verurteilen können. Äußerstenfalls. Oder, schlimmer noch: Alle versichern einander künftiger felsenfester Solidarität. Ein guter Tag für die CDU wird das nicht.

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