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Politik: Rentenreform: Die Gerechtigkeit der Enkel - Schröder will versöhnen und stößt dabei auf Widersprüche (Kommentar)

Kein Wort, klagt der Kanzler, kein Wort sei im Parteivorstand über den historischen Atomausstieg gefallen. Stattdessen Übergang zur Tagesordnung.

Kein Wort, klagt der Kanzler, kein Wort sei im Parteivorstand über den historischen Atomausstieg gefallen. Stattdessen Übergang zur Tagesordnung. Auf der stand die Rente. Das Publikum für Gerhard Schröders Beschwerde: ein SPD-Kongress. Das Thema heißt Generationengerechtigkeit; der Kanzler widmet seine Rede vorrangig und engagiert dem Rentenkonzept seines Arbeitsministers. Man weiß, dass Riester im Spitzengremium der SPD mehr Kritik als Zustimmung gefunden hat. Es ist also nötig und lobenswert, wenn die SPD solche Kongresse veranstaltet. Die Politik, also Schröders Regierung, hat es noch nötiger, in die Zukunft zu blicken. Gelobt wird sie dafür von den eigenen Leuten ziemlich selten, selbst auf unverbindlichen Kongressen nicht.

Das hat weniger damit zu tun, dass man auf abgelegenen Konferenzen hehre Ziele setzen kann, die in der praktischen Regierungsarbeit schnell vergessen sind. Im Gegenteil. Schröders Regierung macht ja Ernst. Der Atomausstieg, Eichels Konsolidierungshaushalt mit wachsenden Bildungsausgaben und das Rentenkonzept sind realpolitische Schritte auf einem Weg, der sich darum bemüht, die Zukunft und die Interessen künftiger Generationen zu schützen.

Dieser Kongress war kein Ort für Sonntagsreden, sondern der Versuch, diesen Schritten einen übergreifenden Begriff zu geben: Generationengerechtigkeit. Allerdings zeigt sich dabei, dass es die eine Sache ist, Bildung, Ökologie, Finanzen und Sozialstaat theoretisch zu dieser Generationsgerechtigkeit zu bündeln - und eine ganz andere, daraus praktische Politik aus einem Guss zu machen.

Neu ist das zwar nicht, dass die langfristigen guten Absichten mit den kurzatmigen im Konflikt liegen. Dieser Dauerbrenner wird Schröders Regierung ohnehin begleiten - siehe Rente. Vor die Versuchung, dem schnellen Erfolg beim Wähler den Vorzug vor der Vernunft auf lange Sicht zu geben, wird jede Regierung zwangsläufig gestellt, die sich in regelmäßigen Abständen um demokratische Legitimation bemühen muss. Weil Schröder das weiß, schreibt er das Wort Konsens so groß.

Neu ist vielmehr, dass die guten langfristigen Absichten keineswegs in einem konfliktfreien Verhältnis zueinander stehen, siehe Haushalt, Rente, Bildung, Ökologie. Es ist mehr als geflunkert, wenn Schröder behauptet, dass die Rentenmilliarden, die er in den Verhandlungen mit der Union angeboten hat, mit Hans Eichel abgestimmt seien. Eichel hätte am liebsten gar nichts hergegeben. Und als der Kanzler seiner Bildungsministerin eine halbe Milliarde Mark mehr für das Bafög versprochen hat, war das zunächst auch ein ungedeckter Wechsel. Hans Eichel knausert. Für die Zukunft. Er hat damit recht, denn nichts engt die künftigen Generationen mehr ein als der staatliche Schuldenberg.

Aber Walter Riester braucht gleichfalls Geld. Auch für die Zukunft. Er hat Recht: Die mittlere und junge Generation muss entlastet werden, wenn sie mehr Vorsorge für sich selbst übernehmen und gleichzeitig die Renten für die Alten erwirtschaften muss. Und Geld für die Zukunft braucht ebenso Edelgard Bulmahn, auf Dauer viel mehr als das Plus von 780 Millionen Mark, die der Haushalt 2001 ihr zubilligt. Jeder zweite deutsche Lehrer hat noch nicht an einem Computer gesessen, behaupten die jungen Unternehmer der D-21-Inititive, die in den Schulen für IT-Berufe werben. Auch wenn die Zahl nur zur Hälfte stimmt - sie zeigt, wieviel in das Bildungswesen investiert werden muss: Geld, Know-how und guter Willen.

Nicht nur um das Geld werden sich die Zukunfts-Konflikte drehen. Die mittlere Generation - Schröder, Fischer & Co. - hat mit dem Atomausstieg ihr Projekt durchgesetzt. Vielleicht wollte sich im Parteivorstand niemand laut darüber freuen, weil jeder das nächste Problem kennt: Welche Haltung sollen wir einnehmen zu den neuen Informations- und Bio-Technologien? Es ist eine politische Notwendigkeit für unsere Kinder, dass die Politik Deutschland konkurrenzfähig macht und hält. Geht es nur noch darum, ob wir mithalten können? So hat Erhard Eppler den SPD-Kongress gefragt. Oder um die Frage, wie wir leben wollen? Der Kongress klatscht, die Antwort kennt niemand.

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