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Politik: Rentenreform: Holterdiepolter: Das überraschende Ja von Rot-Rot belastet die Koalition in Schwerin. Hat die PDS vorher etwas gewusst?

Mecklenburg-Vorpommerns PDS-Chef und Vize-Ministerpräsident Helmut Holter gibt sich entrüstet. Noch am Freitagmorgen hat er mit SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff telefoniert - und noch einmal ging es darum, dass die Zustimmung des Landes im Bundesrat nicht notwendig sei, um die Rentenreform zu sichern.

Von Matthias Meisner

Mecklenburg-Vorpommerns PDS-Chef und Vize-Ministerpräsident Helmut Holter gibt sich entrüstet. Noch am Freitagmorgen hat er mit SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff telefoniert - und noch einmal ging es darum, dass die Zustimmung des Landes im Bundesrat nicht notwendig sei, um die Rentenreform zu sichern. "Deshalb bin ich richtig geplättet, enttäuscht und entrüstet", sagt Holter nach der Abstimmung in der Länderkammer zum Tagesspiegel: "Die Koalition in Schwerin ist belastet."

Doch ob das rot-rote Regierungsbündnis in Schwerin ernsthaft auf der Kippe steht, ist sehr fraglich. Für diesen Sonnabend hat die PDS-Führung Landesvorstand und Kreisvorsitzende zu einem Krisentreffen zusammengerufen, um die weitere Situation zu beraten. Arnold Schoenenburg, Parlamentsgeschäftsführer der PDS im Schweriner Landtag, sagt zwar: "Dieser Sittenverfall des Partners kann nicht ohne Konsequenzen bleiben." Aber Schoenenburg fügt hinzu, dass nicht unbedingt das Ende der Koalition zu erwarten sei.

Vor allem den zweiten Satz zitiert Ringstorffs Sprecher Thomas Freund genüsslich, während er sich zu Details aus dem Telefonat zwischen Ringstorff und Holter bedeckt hält. "Ich weiß nicht, was besprochen worden ist." Klar sei, dass es zum Abstimmungsverhalten Mecklenburg-Vorpommerns im Bundesrat keinen Kabinettsbeschluss gegeben habe. Holter warnt seine Parteifreunde vor einem Bruch der Koalition: "Wir sollten das Wohl des Landes in den Mittelpunkt stellen und nicht eigene Verletzungen."

In der PDS-Bundesführung wurde das nicht so locker gesehen. Vom "Riesenskandal" spricht PDS-Sprecher Hanno Harnisch, bevor die Spitzen von Bundestagsfraktion und Parteivorstand zur Krisensitzung zusammenkamen. Vor allem Claus steht reichlich düpiert da. Noch am Vormittag hatte er im Bundestag das "unsoziale Rentengesetz" als "Jahrhundertfehler" gebrandmarkt, der auch nicht "durch bescheidene soziale Nachsorge" korrigiert werde. Noch Mitte der Woche hatte der Fraktionsvorsitzende sogar seinen Rücktritt für den Fall angedroht, dass die PDS-Spitze ihre klare Position gegen die Rentenform verlässt - nachdem sich sein Vorgänger Gregor Gysi für ein Umdenken der PDS stark gemacht hatte. Gysi selbst will den Ablauf der Geschehnisse am Freitag nicht mehr kommentieren.

"Das war ein Alleingang von Ringstorff, 100-prozentig", versichern dagegen Vertraute von Claus. Und wenn doch nicht? Dann war die Überraschung Holters wenigstens gut inszeniert: Am Mittag war der PDS-Chef aus Schwerin lange nicht erreichbar und musste erst vom Podium eines Kongresses der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Lübeck geholt werden.

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