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Zwei Politiker stehen nebeneinander

© AFP

Rentenreform in Frankreich: Hollandes Plan für alte "Baby-Boomer"

Frankreichs Staatschef Hollande plant eine Reform des Rentensystems. Der Nachbar will gewappnet sein, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen.

Allmählich kommt die Reform-Maschine des französischen Präsidenten François Hollande in Gang. Am Freitag übergab die Regierungsbeamtin Yannick Moreau dem Premierminister Jean-Marc Ayrault einen Expertenbericht, der die Grundlage der geplanten Rentenreform bilden soll. Es handelt sich um die fünfte Rentenreform in Frankreich in 20 Jahren, häufig blieb es nur bei Flickwerk. Mehrere Gewerkschaften haben bereits Widerstand gegen den jüngsten Reformvorstoß angekündigt.

Zwar profitiert das französische Rentensystem davon, dass künftig genügend Rentenzahler nachkommen – die Geburtenrate ist in Frankreich höher als in Deutschland. Das ändert allerdings nichts daran, dass bis zum Jahr 2020 ein Loch von 20 Milliarden Euro in der Rentenkasse erwartet wird. Ayrault hob am Freitag zwar hervor, dass sich Frankreich im Gegensatz zu seinen Nachbarn einer "dynamischen Demografie" rühmen könne. Der bevorstehende Renteneintritt der Generation der "Baby-Boomer" werde aber dennoch das Umlagesystem in den kommenden 20 Jahren vor Probleme stellen.

Für die regierenden Sozialisten ist die Rentenreform eine heikle Angelegenheit. Als sie noch auf der Oppositionsbank saßen, versuchten sie die Änderungen der Konservativen zu torpedieren. So liefen sie 2003 gegen die Reform des damaligen Premierministers Jean-Pierre Raffarin Sturm, der zufolge ab 2008 Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst 40 Jahre lang in die Kassen einzahlen sollten, um Anspruch auf die volle Rente zu erhalten. Und als Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy vor drei Jahren das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre heraufsetzte, da kündigten die Sozialisten für den Fall eines Wahlsieges 2012 eine Rückkehr zum alten System an. Dieses Versprechen löste Hollande im vergangenen Jahr zumindest auf den ersten Blick ein. Allerdings hatte Hollandes „Rente mit 60“ vor allem symbolischen Charakter. Sie kommt nur wenigen Franzosen, die überdurchschnittlich lange Beitragszeiten vorweisen können, zugute.

Sozialisten sind jetzt selbst gefordert

Nun müssen die Sozialisten selbst eine Rentenreform anpacken, welche die Bevölkerung kaum ohne weiteres schlucken dürfte. Um das erwartete Defizit in der Kasse zu reduzieren, schlug die Expertenkommission am Freitag unter anderem eine Verlängerung der Beitragszeiten vor. Einem Vorschlag der Kommission zufolge müssten Arbeitnehmer des Jahrgangs 1962 künftig 43 Jahre lang Beiträge zahlen, um in den Genuss der vollen Rente zu kommen. Derzeit ist dies nach 41,5 Beitragsjahren der Fall.

Nach den Vorschlägen der Kommission sollen auch die Rentner selbst stärker zur Kasse gebeten werden. Die Experten regen an, die Steuersätze auf die Renteneinkünfte heraufzusetzen. Besonders umstritten ist die ins Auge gefasste Angleichung der Rentensysteme im öffentlichen und im privaten Sektor. Bislang sind Bedienstete im öffentlichen Dienst im Vorteil, weil bei ihnen im Gegensatz zu Beschäftigten in der Privatwirtschaft nur das Einkommen der sechs letzten Monate ihrer Laufbahn als Berechnungsgrundlage für die Rente dient.

Am Ende der Sommerpause will Ayraults Regierung einen Entwurf zur Rentenreform vorlegen. Radikale Gewerkschaften wie die FO und die CGT, die eine Angleichung der Beamten-Renten als „Kriegsfall“ sieht, haben ihren Widerstand angekündigt. Die gemäßigtere Gewerkschaft CFDT zeigt sich hingegen gesprächsbereit. Die Sozialisten wollen unbedingt vermeiden, dass sich die Protestwelle des Jahres 1995 wiederholt. Damals plante der konservative Premier Alain Juppé eine umfassende Rentenreform – und musste wegen Massendemonstrationen einen Rückzieher machen.

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