zum Hauptinhalt
Melania Trump am Montagabend beim Parteitag in Cleveland.

© imago/UPI Photo

Republikanischer Parteitag mit Donald Trump: Die harten Männer und die gute Fee

Am ersten Tag des Parteitreffens reden die Republikaner stundenlang über Tod, Terror und Gefahren - dann ändert eine Frau den Ton und das Thema: Melania Trump.

Männer sind Sammler und Jäger. Die Frau sorgt für die Wärme am heimischen Feuer. Manchmal nimmt sich das Leben wirklich so einfach aus wie in der Steinzeit. Am Montag, dem Auftakt des viertägigen Parteitreffens, kannten die Republikaner über Stunden nur ein Thema: Wie bedroht die USA sind. Wie groß die Gefahr durch Terror und Gewalt im Inneren.

Dann kam die gute Fee, die wie im Märchen für alle Probleme eine Lösung hat: Spät am Abend, um 22 Uhr 25, stellte Melania Trump ihren Mann Donald als liebevollen Familienmenschen und Vater vor - und als Mann, der Amerika in eine sichere Zukunft führt.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Oder, wie es im Englisch heißt: ... happily ever after.

Doch im Leben geht es meist anders zu als im Märchen. Die - durchaus geschickte - Inszenierung des Parteitags stellte die realen Zusammenhänge auf den Kopf. Tatsächlich standen all die vielen Reden über Bedrohung und Gefahren für die politische Offensive. Die Republikaner bekräftigten vor sich selbst und den Fernsehzuschauern, dass sie die richtigen Werte und Weltanschauungen haben. Und dass der politische Gegner, die Demokraten, orientierungslos sind und verantwortungslos handeln.

Der Auftritt der guten Fee hingegen war ein Akt der politischen Defensive. Melania Trump sollte Abhilfe schaffen beim wahlstrategisch wohl größten Problem des Spitzenkandidaten: seinem schlechten Image bei weiblichen Wählern. Wenn ihm weiterhin so wenige Frauen die Stimme geben wollen, wird das nichts mit der Aussicht auf einen Wahlsieg.

Aber dann taucht ein neues Problem auf. Offenbar ist auch Melania eine Sammlerin und hat Passagen aus Michelle Obamas Rede von 2008 kopiert.

Eklat zum Auftakt des Parteitags

Mit einem kleinen Eklat hatte der Parteitag am Montagnachmittag in Cleveland begonnen. Trump-Gegner in den republikanischen Reihen suchten eine Machtprobe zum Auftakt und verlangten eine namentliche Abstimmung, den "Roll Call" über den "Rule Change", die geänderten Abstimmungsregeln und Geschäftsordnungsfragen, zu erzwingen. Es ging nicht wirklich um Inhalte, auch wenn der Unmut über neue Akzente im offiziellen Parteiprogramm gewiss zu dem Aufbegehren beigetragen hatte. Die Parteiführung schickte rasch ihre Emissäre durch die Reihen und konnte die Zahl der Revoluzzer soweit reduzieren, dass das Quorum für den "Roll Call" nicht zustande kam.

Das erlaubte es der Parteitagsregie, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob die Ja- oder die Nein-Rufe zum "Rule Change"-Antrag lauter waren. Sie entschied sich natürlich um für die Ja's - was nochmals hörbaren Unmut auslöste. Rein akustisch war keineswegs eindeutig, dass die Nein's in der Minderheit waren. Die Delegation von Colorado verließ kurzfristig den Saal. Das war's dann aber auch schon mit der Anti-Trump-Revolte. Der Rest des Tages fügte sich in das erwünschte Bild.

Gott, Familie, Vaterland

Redner um Redner beschworen die Liebe zu Gott, zur Familie, zum Vaterland. Amerika das großartigste Land auf Erden. Wer hart arbeitet, betet, die Veteranen ehrt und zu Opfern bereit ist, wird reich belohnt. Trump ist der nächste Präsident der USA. Er wird euch beschützten. Trump wird euch immer die Wahrheit sagen.

So redeten Kriegsveteranen, B-Schauspieler, Polizisten, republikanische Abgeordnete, Ex-Generäle sowie Pat Smith, die Mutter eines in Benghasi, Libyen, von Islamisten ermordeten US-Diplomaten. Den Tod ihres Sohnes stellte sie als persönliches Verschulden der damaligen Außenministerin Hillary Clinton dar. Das spürbare Leid der Mutter trieb manchen Delegierten Tränen ins Gesicht.

Make America Safe Again

Musikalisch untermalt von Evergreens aus den 1980er Jahren brachten die Konservativen sich allmählich in Kampfstimmung, skandierten immer wieder "U.S.A.", buhten bei passender Gelegenheit den amtierenden Präsidenten Barack Obama sowie Hillary Clinton aus und schwenkten blaue und rote Poster mit der Aufschrift „Make America Safe Again“ - dem Motto des ersten Tages.

Von einem Parteitag erwartet kaum jemand eine ernsthafte sachliche Auseinandersetzung mit Themen und Herausforderungen. Die Reden sind dazu da, Emotionen zu wecken. Dazu braucht es eine klare Unterscheidung zwischen den Bösen und den Guten. Zu den Feindbildern zählt die Protestbewegung gegen weiße Polizeigewalt "Black Lives Matter". Gejubelt wird, wenn der Abgeordnete Mike McCaul über "diese Political Correctness, die uns erstickt", klagt. Und die Amerikaner fragt: Fühlen Sie sich nach acht Jahren unter Barack Obama sicherer gegen Terror als zuvor? Langen Beifall gibt es auch für den dunkelhäutigen Sheriff von Milwaukee County, der unter Anspielung auf die blaue Farbe der Polizeiuniformen bekräftigt: "Blue Lives Matter"!

Rudy Giuliani, Bürgermeister von New York vor und nach dem Terrorangriff von 9/11 bekommt stürmischen Applaus, als er das Selbstlob mit Vorschusslorbeeren für Trump verbindet. Er habe New York "von der Kriminalitätshauptstadt der USA zur sichersten Großstadt in den USA" gemacht. "Was ich für New York getan habe, wird wird Donald Trump für Amerika tun. Make America Safe Again." Er kenne Donald Trump seit langem, sagt Giuliani. Er sei immer hilfsbereit, er sei "a good man".

Überwiegend alt, weiß, männlich

Derweil schweift der Blick immer wieder durch die "Quick Loans Arena" von Cleveland. Die einige tausend Delegierte und übrigen Gäste wirken, gemessen an der bunten amerikanischen Gesellschaft überdurchschnittlich weiß, überdurchschnittlich alt und überdurchschnittlich männlich.

Dann ist es 22 Uhr 20. "We are the Champions", dröhnt aus den Lautsprechern und aus einer Kulisse, die dank der Lichteffekte wie eine weiße Nebelwand wirkt, tritt eine Silhouette. Die Konturen werden immer schärfer, dann ist die Kopfform unverwechselbar: Donald Trump. Die Hauptrede am Montagabend eines Parteitags hält nach der Tradition der letzten Jahre die Ehefrau des Kandidaten - die künftige First Lady in spe. Sie tritt als "Charakterzeugin" auf, soll den Delegierten und den Wählern erklären, was für ein vertrauenswürdiger Mensch ihr Ehemann sei. Und in Trumps Fall soll sie zudem weibliche Wähler für ihn gewinnen.

Donald Trump hat darauf bestanden, dass er selbst seine Frau vorstellt und zum Mikrofon bringt - was eher untypisch ist. Viele Beobachter haben gelästert: Ob er sich wohl diesmal an die Empfehlung seiner Berater halten wird? Am Sonnabend, als er seinen Vize, Mike Pence, vorstellte, ist der Donald mal wieder "off script" gegangen, hat 28 Minuten improvisiert und damit fast doppelt so lange besprochen wie Pence, obwohl er ihn doch nur einführen sollte.

Doch diesmal ist Trump diszipliniert. Abgesehen davon, dass er in den langen Applaus hinein immer wieder brabbelt: "Wir werden groß gewinnen. Wir werden groß gewinnen", sagt er, als der Beifall sich gelegt hat, nur einen einzigen Satz: "Ich stelle Euch die nächste First Lady der USA vor, eine großartige Frau und wunderbare Mutter." Dann verschwindet er in der Kulisse.

Melania lobt die Gegner

Melania trägt ein weißes Kleid und ist ganz das professionelle Fotomodell, als das sie Karriere gemacht hat. Schon die ersten Sätze setzen einen deutlichen Kontrats zu den Rednern vor ihr. Sie lobt die anderen republikanischen Präsidentschaftsbewerber. "Es sind kluge und gute Menschen. Wir sollten ihnen allen dankbar sein."

Fünf bis sechs Wochen habe sie mit einem Redenschreiber an diesem Auftritt gearbeitet, verbreitet Trumps Team.

Ihre Stimme klingt weich und umarmend. Der slawische Akzent ist unverkennbar. Sie stamme aus Slowenien, in ihrer Kindheit war das ein kommunistisches Land. Von der Mutter habe sie die Liebe zu gutem Stil und zur Mode, vom Vater die Liebe zu guter Arbeit und zum Reisen. 2006 bekam sie die amerikanische Staatsbürgerschaft, „das größte Privileg auf Erden“. Die Eltern haben ihr Werte mitgegeben: harte Arbeit; man hält sein Wort; Respekt vor anderen.
Diese Passage wird rasch zum neuen Thema: Plagiatsvorwürfe. Jarrett Hill, ein TV-Journalist, findet heraus, dass mehrere Sätze nahezu wortgleich aus Michelle Obamas Rede von 2008 stammen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Eine Märchenprinzessin, ganz in Weiß

Kein Wort verliert sie, wie sie Donald Trump kennen lernte. Gemessen an den Reden anderer First Ladies in spe fehlen auch die praktischen Beispiele und leicht im Gedächtnis haftenden Szenen, an denen man erkennen soll, dass der Kandidat ein guter Ehemann und Vater sei. Aber man merkt, dass die Delegierten sich diese elegante Erscheinung sehr gut als First Lady vorstellen können. Melania wirkt wie eine Märchenprinzessin.

Da ist sie schon bei politischen Teil: "Wenn ihr jemanden sucht, der für euch kämpft, der für euer Land kämpft: Nehmt ihn!" Donald "gibt niemals auf. Er wird euch nicht enttäuschen. Er ist bereit, für euch zu arbeiten." Donald sei "hart, wenn es es sein muss. Aber er ist auch nett und fair und loyal", sagte Melania. "Er ist ein Familienmensch und voller Liebe."

Donald und Melania himmeln sich an: wie Denkmäler

Amerika brauche Führung. Die ganze Welt brauche Führung. "Donald ist der Einzige, der Führung bieten kann." Seine Fürsorge schließe Afroamerikaner und Latinos mit ein. "Als First Lady werde ich mich um die kümmern, die Hilfe am meisten benötigen."

Lang ist der Applaus. Dann kommt Donald auf die Bühne. Immer wieder zeigt er stolz mit dem Finger auf sie, als wolle er sagen: Seht sie euch an. Was für ein Schmuckstück. Es dauert, bis sie ihm zaghaft eine Kuss auf die Wange haucht - und fast vergisst er, ihn zu erwidern. Man könnte glatt den Eindruck gewinnen, dass sie sich wie Denkmäler behandeln, nicht wie Frau und Mann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false