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Protest gegen die Jerusalem-Entscheidung der USA in Berlin

© Reuters/Fabrizio Bensch

Ressentiments bei Geflüchteten: Warum die Feindschaft gegenüber Israel und Juden tief verankert ist

Mit Vorurteilen aufgewachsen: Eine Studie des American Jewish Committee beleuchtet die Juden- und Israelfeindlichkeit unter Flüchtlingen.

Die erschreckenden Bilder bleiben. Demonstranten, die vor dem Brandenburger Tor wutentbrannt israelische Fahnen anzünden. Protestierende, die voller Inbrunst die Flaggen der islamistischen Terrororganisationen Hamas und Hisbollah schwingen. Fanatiker, die „Tod den Juden“ oder „Kindermörder Israel“ skandieren.

Hass, Antisemitismus und Anti-Israelismus waren offensichtlicher Bestandteil der Kundgebungen gegen Donald Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Staats anzuerkennen. Vor allem Palästinenser und andere Araber versammelten sich in den vergangenen Tagen in Deutschland, um so ihren Zorn zu zeigen. Die Politik verdammte sogleich die Hetze. Judenhass dürfe auf keinen Fall offen zur Schau gestellt werden, hieß es einmütig. Von „importiertem“ Antisemitismus und Israel-Feindlichkeit war häufig die Rede.

Gängige Verschwörungstheorien

Welche Ressentiments sind bei Geflüchteten verbreitet, die jetzt in Deutschland leben? Wie denken vor allem Syrer und Iraker über Israel, Juden und den Holocaust? Woher kommen die Vorurteile? Was folgt daraus für die Integration der Schutzsuchenden?

Das American Jewish Committee hat zu diesen Fragen eine Studie in Auftrag gegeben, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Das Ergebnis, recht grob vereinfacht: Juden- und israelfeindliche Ressentiments sind oft tief verankerter Bestandteil des Weltbildes inklusive Verschwörungstheorien – gerade wenn es um den Nahen Osten geht. Aber es gibt unter arabischen Flüchtlingen wohl auch die Bereitschaft, in der Heimat erlernte Vorstellungen zu hinterfragen.

Schon in der Schule indoktriniert

Für die Untersuchung hat der Antisemitismusforscher und Historiker Günther Jikeli vor einem Jahr Gruppeninterviews geführt. Mit 68 irakischen und syrischen Geflüchteten wurden in Berlin Gespräche geführt. Der Bericht ist also keine repräsentative Umfrage. Das betont Jikeli ausdrücklich. Doch er kann einen Eindruck davon vermitteln, was in den Köpfen der Flüchtlinge womöglich vor sich geht.

Dabei zeigt sich, dass die Befragten die Staatsdoktrin ihre Herkunftsländer gewissermaßen verinnerlicht haben. Die antisemitische und anti-israelische Propaganda – oft schon in den Schulen gelehrt und in den Medien vielfach verbreitet – verfängt offenbar.

Palästina spielt kaum eine Rolle

So wird Israel nicht nur dämonisiert, sondern dem Staat generell das Existenzrecht abgesprochen. Denn das Gebiet gehöre seit jeher Arabern und Muslimen. „Das konkrete Leid der Palästinenser spielt in dieser Argumentation jedoch nur selten eine Rolle“, betonte Jikeli bei der Präsentation der Studie.

Auch dezidiert judenfeindliche Stereotype scheinen zum gängigen Weltbild zu gehören. Juden gelten grundsätzlich als reich und nicht zuletzt mächtig, streben angeblich danach, die Erde zu beherrschen.

Derartige Vorstellungen könnten sehr wohl von radikalen Gruppen instrumentalisiert werden, warnte Jikeli. Doch seine Befragung zeigt ebenfalls: Juden- und Israel-Feindschaft sind bisher keine bestimmenden Faktoren im Alltag arabischer Flüchtlinge. Sie haben zumeist ganz andere Sorgen.

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