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Us Repräsentantenhaus

© dpa

Rettungsplan: Börse reagiert kaum auf US-Rettungspaket

Großes Aufatmen am weltweiten Finanzmarkt: Nach zweiwöchigem Tauziehen hat das US-Repräsentantenhaus im zweiten Anlauf dem Gesetz zur Rettung des Finanzsektors zugestimmt. Die Börse reagiert dennoch verhalten.

Nach zweiwöchigem dramatischen Tauziehen ist der 700 Milliarden Dollar schwere US-Rettungsplan für den Finanzsektor unter Dach und Fach. Nach dem Senat stimmte am Freitag auch das Abgeordnetenhaus dem Paket zu, mit dem der eingefrorene Kreditfluss der Banken wieder in Gang gesetzt werden soll. US-Präsident George W. Bush unterzeichnete die Gesetzesvorlage umgehend und setzte das Rettungspaket damit in Kraft.

Bush zeigt sich zuversichtlich

"Wir haben der Welt gezeigt, dass die USA ihre Finanzmärkte stabilisieren werden und eine Führungsrolle in der globalen Wirtschaft behalten", sagte Bush am Abend. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die geplanten Maßnahmen den US-Bürgern helfen würden, "den finanziellen Sturm zu überstehen", zeigte sich der US-Präsident erleichtert. Er warnte aber dennoch vor den weiter bestehenden "ernsten Herausforderungen" für die US- Wirtschaft. Es werde "Zeit brauchen, bis dieses Gesetz sich richtig auf die Wirtschaft auswirkt." Die Kosten für den Steuerzahler würden letztendlich deutlich niedriger liegen als die jetzt zur Disposition stehende Summe, sagte Bush. Als Anhänger des freien Unternehmertums sei er kein Freund von staatlichen Interventionen in die Privatwirtschaft. "In dieser Situation aber war es notwendig."

Die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kündigte neue Kontrollen für die US-Finanzwirtschaft an. Außerdem müsse herausgefunden werden, wie die US-Finanzwirtschaft überhaupt in diese schwere Krise geraten konnte. "Wir glauben alle an die freie Marktwirtschaft", betonte die Demokratin Pelosi, aber "unregulierte und nicht überwachte" Aktivitäten an der Wall Street hätten "ein Chaos produziert", dass es künftig nicht mehr geben dürfe. Auch Bush betonte, dass nun Regierung und Kongress analysieren müssten, wie es zu der Krise kommen konnte und wie das künftig verhindert werden könne.

"Wir werden rasch handeln"

Der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, nannte die Verabschiedung des Hilfspakets "einen entscheidenden Schritt zur Stabilisierung unserer Finanzmärkte" und der Sicherstellung von Krediten für Hausbesitzer und Geschäftsleute. Der republikanische Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, verteidigte das Maßnahmenpaket angesichts der Finanzkrise: "Wenn wir gar nichts tun, wird diese Krise wahrscheinlich schlimmer und wirft uns in eine wirtschaftliche Rezession, wie wir sie noch nie gesehen haben." US-Finanzminister Henry Paulson dankte den Abgeordneten für ihr "mutiges Handeln" und kündigte umgehende Schritte zur Konsolidierung der Finanzmärkte an: "Wir werden rasch handeln, um die neuen Vollmachten einzusetzen", sagte Paulson.

Auch die beiden Präsidentschaftskandidaten John McCain und Barack Obama lobten das Votum der Abgeordneten. "Ich bin froh, dass wir diesen Plan endlich verabschiedet haben", sagte Obama in Abington. McCain bezeichnete das Rettungspaket als "nicht perfekt". Es sei jedoch nötig, um "den Schaden, der unserer Wirtschaft durch korrupte und inkompetente Praktiken an der Wall Street und in Washington entstanden ist", zu begrenzen, sagte der Republikaner in Flagstaff. Obama und McCain hatten zuvor wie Bush bei skeptischen Abgeordneten um Zustimmung geworben.

Börse scheint nicht überzeugt

Trotz großer Erleichterung drehten die Börsen in New York nach der Verabschiedung des Rettungsplanes ins Minus. Im späten Handel seien Sorgen über die Wirtschaftsentwicklung und Rezessionsängste in den Vordergrund getreten, sagten Händler. Der Dow Jones Industrialschloss mit minus 1,50 Prozent auf 10 325,38 Zähler. Im Wochenvergleich fiel der Leitindex um rund sieben Prozent. Dagegen stabilisierten sich der Dollar-Kurs und der Ölpreis leicht.

Ein erster Entwurf des Finanz-Hilfspakets war am Montag im Abgeordnetenhaus in Washington hauptsächlich am Widerstand konservativer Parlamentarier gescheitert. Danach hatte der Senat die Initiative ergriffen und die Vorlage leicht ergänzt, um sie auch dem Abgeordnetenhaus akzeptabel zu machen. Am Freitag nun stimmten 263 Parlamentarier dafür, 171 dagegen. Beim ersten Votum am Montag hatten zwölf Stimmen für eine Billigung des Programms gefehlt. Der Senat verabschiedete es am Mittwoch mit 74 zu 25 Stimmen.

Keine großzügigen Abfindungen für Manager

Das ursprünglich von Finanzminister Henry Paulson und Zentralbankchef Ben Bernanke vorgelegte Rettungspaket sieht im Kern vor, dass der Staat in Not geratenen Banken faule Kredite im Gesamtwert von bis zu 700 Milliarden Dollar abkauft. Damit soll erreicht werden, dass die Banken wieder Kredite an Unternehmer vergeben und dadurch der Wirtschaftskreislauf nicht unterbrochen wird. In einer ersten Tranche sollen 250 Milliarden Dollar an die Banken vergeben werden.

Entgegen ersten Vorschlägen ist im Programm auch eine parlamentarische Aufsicht über die Kreditübernahme vorgesehen. Zudem sollen Manager von Banken, denen geholfen wird, keine großzügigen Abfindungen mehr erhalten. Auch ist vorgesehen, dass der Staat nach der Rettung einer Bank später an den Gewinnen beteiligt werden kann.

Sondergipfel zur Finanzkrise in Paris

In der französischen Hauptstadt kommen am Samstag die Staats- und Regierungschefs der vier G8-Staaten in der EU zu einem Sondergipfel zusammen, um über Auswege aus der Finanzkrise zu beraten. Auf der Tagesordnung der Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien bei ihrem Treffen im Élysée-Palast dürften die Stärkung der Finanzaufsicht und eine Reform der Buchführungsregeln stehen. (yr/jg/dpa/AFP)

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