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Politik: Revolte am Stammtisch

Die Rebellen trafen sich im "Lindenkrug". Etwa 50 NPD-Mitglieder waren in die Gaststätte im brandenburgischen Friedersdorf gekommen, um mit dem Bundesvorstand über den schwierigen Zustand der Partei zu sprechen.

Von Frank Jansen

Die Rebellen trafen sich im "Lindenkrug". Etwa 50 NPD-Mitglieder waren in die Gaststätte im brandenburgischen Friedersdorf gekommen, um mit dem Bundesvorstand über den schwierigen Zustand der Partei zu sprechen. Doch weder NPD-Chef Udo Voigt noch sonst ein Vorständler ließ sich vergangenen Samstag blicken. Der harte Kern der Opposition blieb unter sich: Rädelsführer Steffen Hupka, einst NPD-Landeschef in Sachsen-Anhalt und Ende 2001 aus der Partei geworfen, der frühere Bundesvorsitzende Günter Deckert, die Chefs der Landesverbände Berlin-Brandenburg und Schleswig-Holstein sowie Spitzenfunktionäre mehrerer Kreisverbände. Am Ende blieb die Erkenntnis: Wir sind zu schwach, um den Vorstand beim Bundesparteitag am Wochenende zu stürzen.

Auch wenn Überraschungen nicht auszuschließen sind - die NPD hat vorsorglich die Presse vom Parteitag ausgeschlossen - wird vermutlich keiner der 250 Delegierten gegen Voigt antreten. Und das, obwohl die Basis irritiert ist, weil langgediente Funktionäre als V-Leute des Verfassungsschutzes enttarnt wurden. Außerdem stützt Voigt weiter Horst Mahler, den umstrittenen Hauptverteidiger der Partei im Verbotsverfahren. Mit seinen antijüdischen Tiraden, so fürchten viele der 6500 Parteimitglieder, gefährde ausgerechnet der eigene Anwalt die Existenz der NPD.

Die Unzufriedenen finden jedoch keine Führungsfigur, die Parteichef Voigt entmachten und Mahler entfernen könnte. Der bislang als Favorit der Opposition gehandelte stellvertretende Bundesvorsitzende Hans Günter Eisenecker winkt ab: "Ich werde aus dem Parteivorstand ausscheiden und dann einfaches Mitglied sein." Der Anwalt, der die NPD beim Verbotsverfahren als zweiter Prozessbevollmächtigter vertritt, ist frustriert. "Man hört nicht auf mich", klagt Eisenecker, "in der Partei geht es nicht vorwärts". Die NPD müsse "geistige Ziele in die Bevölkerung tragen, vor allem die Erhaltung der Identität des deutschen Volkes", anstatt sich mit Parolen wie "Todesstrafe für Kinderschänder" dem Populismus anderer Rechts-Parteien anzupassen.

Resigniert hat auch ein zweiter Spitzenfunktionär, dem parteiintern ebenfalls ein Putsch gegen Voigt zugetraut wurde. "Ich glaube nicht, dass es auf dem Parteitag große Umwälzungen geben wird", sagt der aus Schweden stammende Per Lennart Aae. Er stand in der Hierarchie weit oben: Aae leitete das "Amt für Politik und Bündnisse" und galt als "Kopf der Partei". Doch der Funktionär legte sich mit Mahler an und nannte ihn "geistesgestört". Als Aae auch noch ankündigte, er werde beim Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eine eigene Stellungnahme abgeben, schlug das Mahler-treue NPD-Präsidium zu. Anfang Februar wurde Aae aus dem Parteivorstand gedrängt. Das Amtsgericht Berlin setzte den Beschluss zwar am vergangenen Freitag außer Kraft, doch den Parteitag will Aae sich schenken. Obwohl es weit mehr V-Leute in der NPD gebe, als bislang herausgekommen sei, "wird auf dem Parteitag die Stimmung herrschen: Wir müssen zusammenhalten".

So ist kaum mehr als ein lautstarkes Störmanöver von Hupkas Anhängern zu erwarten. Sie wollen schon an diesem Freitag in Königslutter präsent sein. Dort bereitet der NPD-Vorstand den Parteitag vor. Dessen Motto lautet: "Deutschland wir kommen". Wo die Delegierten hinkommen werden, ist allerdings noch geheim.

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