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Politik: Rezept mit Rabatt

Krankenkassen wollen Ärzte belohnen, die preiswertere Arzneien verschreiben

Berlin - Bisher hatten die Krankenkassen die Pharmalobby für ihre Zuwendungen an die Ärzte immer heftig kritisiert. Nun greifen sie zum gleichen Mittel. Wenn Mediziner preisgünstig verschreiben, will sie die AOK künftig belohnen – mit 30 Prozent der dadurch erzielten Ersparnisse.

Mit elf Herstellern haben die Allgemeinen Ortskrankenkassen bereits Rabattverträge geschlossen. Betroffen sind 43 Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen, die ausgehandelten Arzneipreise liegen bis zu 37 Prozent unter den üblichen. AOK- Mitglieder sollen nur noch diese Mittel erhalten. Dazu sind die Apotheken sogar verpflichtet – wenn der Arzt nichts anderes vorgibt. Und damit der sich in diesem Sinne bemüht, wird ihm das kostengünstige Verschreiben nun finanziell versüßt .

Ärzte müssten „auch etwas davon haben“, wenn sie günstigere Mittel aussuchten und verschrieben, sagt AOK-Sprecher Udo Barske rundheraus. Schließlich erbrächten sie eine „zusätzliche Dienstleistung“. Außerdem müsse man dem aggressiven Marketing der Pharmafirmen begegnen, die Ärzten seit langem Vergünstigungen gewährten. „Das ist nur realistisch.“

Durch Rabattarznei und willige Ärzte erhofft sich die AOK Ersparnisse im zweistelligen Millionenbereich. Für den Allgemeinen Patientenverband jedoch sind die Arztzuwendungen problematisch. Verbandschef Christian Zimmermann nennt sie „Kick-back-Geschäfte“. Und die, so sagte er dem „Spiegel“, seien „eine Verleitung zur Korruption“. Barske weist das als „absurd und an den Haaren herbeigezogen“ zurück. Patienten und Beitragszahler profitierten von den Plänen. Sie bekämen zuzahlungsfrei gute Arznei und sparten bei den Beiträgen. „Was soll daran schlecht sein?“ Die Antwort kommt vom Verband der Verbraucherzentralen. Man fürchte, „dass Ärzte in ihrem Verordnungsverhalten ökonomisch beeinflusst werden“, sagte Experte Stefan Etgeton der „Frankfurter Rundschau“. Auch drohe Unübersichtlichkeit, „der Patient weiß irgendwann nicht mehr, warum ihm der Arzt ein bestimmtes Medikament verschreibt“ . Und es sei fraglich, ob das Rabattsystem wegen des Verwaltungsaufwandes „wirklich mehr Effizienz bringt“.

In Berlin haben sich laut AOK-Chef Rolf Müller die Erwartungen erfüllt. Ende 2005 traf seine Kasse mit der kassenärztlichen Vereinigung (KV) eine entsprechende Vereinbarung bis Mitte 2007. 850 Ärzte machen mit, 328 schafften bereits im ersten Quartal das Soll: Sie erreichten pro Wirkstoff mindestens 15 Prozent ihres Bruttoumsatzes mit Rabatt-Arznei. Dafür flossen ihnen 25 000 Euro zu – für Prüfung, Beratung und Patientenumstellung, wie KV-Sprecherin Annette Kurth sagt. Die Gesamtersparnis ist noch offen, doch Müller sieht einen „Gewinn für alle Beteiligten“. Von Versichertenseite habe es „keine kritische Anmerkung“ gegeben.

Auch die großen Ersatzkassen haben bereits Rabattverträge ausgeschrieben. Man plane „bislang keine finanzielle Beteiligung von Ärzten“, heißt es bei deren Verband. Man behalte sich aber vor, „diese Vorgehensweise in der Zukunft zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen“. Sprich: Sparsame Mediziner können auch bei Barmer & Co. auf Belohnung hoffen.

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