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Immer gut drauf. Julia Klöckner macht ihre Sache gut im Wahlkampf, hier zu sehen auf einer Veranstaltung der eigenen Partei, und sie kommt auch gut an. Aber ihre guten Sympathiewerte machen sich nicht in mehr Wählerstimmen für die CDU bemerkbar.

© dapd

Rheinland-Pfalz: Frech verliert im Wahlkampf

Julia Klöckner macht im Wahlkampf in Rheinland-Pfalz wenig falsch – ihr Problem bleibt die eigene CDU. Die Partei wirft der SPD Filz vor, hat aber selbst einige Affären zu bewältigen.

Julia Klöckners parteiinterne Macht endet in Kaschenbach, einem kleinen Ort in der Eifel. Nun muss man dazu sagen, dass das rheinland-pfälzische Dorf und der dazugehörige Wahlkreis Bitburg-Prüm am Sonntag sicher in CDU-Hand bleiben werden. Aber genau das ist das Problem der jungen Spitzenkandidatin und Herausforderin von Landesvater Kurt Beck.

In Bitburg-Prüm wird der Landwirt Michael Billen, volksnah, deftig und dreist, sein Direktmandat sehr wahrscheinlich gewinnen und in den Mainzer Landtag einziehen. Die Personalie Billen gehört zu einer Handvoll parteiinterner Affären, die Klöckner gerne herausgehalten hätte aus einem Wahlkampf, in dem sie der SPD Gesetzesbruch, Vetternwirtschaft und unlauteres Finanzgebaren vorwirft.

Wenn es die einstige Weinkönigin und ehemalige parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium doch noch schafft, an Beck vorbeizuziehen, wird die CDU ihre dünne Fassade der Einigkeit festigen können. Verliert sie, wonach es aussieht, wird der CDU-Zank schon am Sonntagabend wieder aufbrechen. Michael Billen wird dabei eine Rolle spielen.

2009 hatte der Landwirtschaftsmeister nach eigenen Aussagen Polizeidaten über seine Tochter, eine Polizistin, abgegriffen, um sich über Geschäftspartner des Nürburgring-Ausbaus zu informieren. Erst in zwei Wochen, also nach der Wahl, wird sich entscheiden, ob sich Billen wegen Geheimnisverrats vor einem Gericht verantworten muss. Eigentlich wollte ein Großteil der CDU-Fraktion in Mainz Billen loswerden, und Klöckner forderte die Parteifreunde in dessen Wahlkreis auf, ihn nicht mehr zu nominieren. Doch die CDU-Basis ignorierte die 38-Jährige.

In Kaschenbach auf dem Bauernhof von Billens Vater hatte schon Helmut Kohl mit seiner Familie gerne Urlaub gemacht, bevor er den Wolfgangsee entdeckte. Kohl ist noch immer befreundet mit der Familie Billen, und vielleicht verleiht diese Freundschaft dem Dorf und dem Sohn eine gewisse Macht.

Julia Klöckner selbst kann man in diesem Wahlkampf gar keinen Vorwurf machen. Sie macht ihre Sache gut. Sie macht das, was sie am besten kann: angreifen, die Flucht nach vorn suchen, Menschen für sich einnehmen und gut aussehen. Aber das Entscheidende, nämlich die Glaubwürdigkeit beim wichtigsten Thema gegen die SPD – „Rheinland-Filz“ – steht infrage. Im Fernsehduell griff Klöckner Beck kürzlich wieder frontal an, sprach vom „größten Wirtschaftsflop“ in der Geschichte des Bundeslandes und meinte die Nürburgring-Affäre, bei der der Steuerzahler nun rund 300 Millionen Euro mehr hinzugeben muss, als ursprünglich geplant. Klöckner unterstellte Beck ein „System“ von Vetternwirtschaft. Ein Beispiel sei außerdem ein Hotelschlossbau in Becks Heimat Bad Bergzabern, wo die Landesregierung laut Klöckner „kräftig subventionierte“ und der „Pachtzins niedriger liegt als bei Sozialbauten“. Der Bürgermeister von Bad Bergzabern, das sagte Klöckner nicht, ist Christdemokrat.

Das Maximale, was Klöckner laut Umfragen herausholen könnte, wäre ein Patt mit der SPD. Sie liegt derzeit bei rund 36 Prozent, Beck bei 38. Aber selbst dann fehlt ihr die Machtperspektive. Mit den Grünen geht nichts, mit der FDP reicht es nicht und eine große Koalition hat Beck schon ausgeschlossen.

Im TV-Duell konterte Beck die Filz-Vorwürfe mit der Anspielung auf die CDU-Affären: Er habe sich niemals bereichert und schon gar kein Parteigeld ins Rotlichtmilieu getragen. Wie schon bei Billens Polizeidatenaffäre konnte Klöckner persönlich auch nichts für die Finanzaffäre. Die lag vor ihrer Zeit. Der ehemalige Landes- und Fraktionschef Christoph Böhr hatte fast 400 000 Euro aus der Kasse der Landtagsfraktion an eine PR-Agentur überwiesen. Die Gegenleistung: Ein Konzept zur Imageverbesserung. Weitere 65 000 Euro wurden vom damaligen Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen ausgegeben, auch für Besuche im Lokalpuff „Hölle“ in Mainz.

Böhrs Nachfolger Christian Baldauf hat angeordnet, das veruntreute Geld an die Landeskasse zurückzuzahlen. Baldauf und Klöckner sind der personifizierte Neuanfang einer zerstrittenen Partei. Oder besser: Sie sollten es sein. Dann stritten sie sich selbst. Baldauf gehörte zu denen, die Michael Billen aus dem Landtag heraushalten wollten. Klöckner wiederum handelte mit Billen den Deal aus, er komme zwar nicht auf die Landesliste, darf aber als Direktkandidat antreten. Baldauf wusste nichts von diesem Gespräch.

In der SPD wundern sich manche, wie es trotz der Finanzaffäre zu einem „sehr teuren Wahlkampf der CDU kommen konnte“. Es wird auf die „sehr vielen und teuren Großplakate“ verwiesen und auf den „Luxus-Wahlkampfbus“ Klöckners. Die Spendenbereitschaft müsse groß sein, unkt ein SPD-Mitglied. Vielleicht seien Kohl und die Familie Billen noch immer gute Spendeneintreiber.

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