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Politik: Rice gibt Fehler bei Terroristenjagd zu

US-Außenministerin schweigt zu CIA-Gefängnissen / Merkel fordert Einhaltung demokratischer Regeln

Von Robert Birnbaum

Berlin - US-Außenministerin Condoleezza Rice hat erstmals zugegeben, dass der US-Geheimdienst CIA bei der Jagd nach angeblichen Terroristen „Fehler“ gemacht hat. Rice bezog sich dabei nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf den Fall des Deutsch- Libanesen Khaled al Masri, der nach eigener Darstellung 2004 nach Afghanistan verschleppt, misshandelt und erst fünf Monate später wieder freigelassen worden war. Merkel betonte nach einem 50-minütigen Gespräch mit Rice in Berlin den Willen zu enger Partnerschaft mit den USA. Sie mahnte aber zugleich: „Wir müssen die Regeln einhalten.“ Es müsse die Balance gewahrt bleiben zwischen der notwendigen Arbeit der Geheimdienste und den demokratischen Regeln.

Rice bekräftigte, Washington bekenne sich zur Einhaltung des Rechts und zu ihren internationalen Verpflichtungen. Sie hob aber zugleich die zentrale Bedeutung hervor, die die USA den Geheimdiensten im Kampf gegen Terror beimessen. Der Koordinator für deutsch-amerikanische Beziehungen, Karsten Vogt (SPD), meldete Zweifel an, ob die USA unter Folter das Gleiche verstehen wie Deutschland.

Auf die Berichte über angebliche CIA- Foltergefängnisse in Osteuropa und geheime Häftlingstransporte über deutsche und andere europäische Flughäfen gingen Merkel und Rice nicht direkt ein. Merkel erklärte nur, sie könne hinter dem Fall al Masri „kein Schema“ entdecken. Der US-Sender ABC meldete, vor der Europareise von Rice habe die CIA in aller Eile elf Geheimhäftlinge aus Osteuropa nach Nordafrika verbracht.

Merkel erteilte Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) den Auftrag, in seiner Eigenschaft als früherer Kanzleramtschef und Geheimdienstkoordinator dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestags einen Bericht über den Fall al Masri zu geben. Nach Medienberichten war die frühere rot- grüne Regierung offenbar mit dem Vorgang befasst. Das PKG sei der richtige Ort für Vorgänge, die man nicht öffentlich diskutieren könne, die aber zugleich einer transparenten Information bedürften. Oppositionspolitiker bestanden auf öffentlicher Aufklärung. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, seine Partei werde es nicht hinnehmen, dass „der Mantel der Geheimhaltung“ über die Vorgänge gebreitet werde. Er forderte Steinmeier und die Ex-Minister Joschka Fischer und Otto Schily auf, vor den zuständigen Fachausschüssen Stellung zu nehmen, und drohte mit einem Untersuchungsausschuss.

Der frühere Verteidigungsminister und jetzige SPD-Fraktionschef Peter Struck erklärte, im Kabinett seien weder der Fall al Masri noch angebliche CIA-Geheimflüge jemals erwähnt worden. Auch die frühere Innenstaatssekretärin Ute Vogt beteuerte, sie habe nie etwas von solchen Vorgängen erfahren. Schily soll laut „Washington Post“ vom damaligen US- Botschafter Daniel Coats über die auf einer Verwechslung beruhende Entführung al Masris unterrichtet und um Stillschweigen gebeten worden sein. Steinmeier sagte, er habe von der angeblichen Entführung al Masris im Juni vergangenen Jahres durch ein Anwaltsschreiben, das im Kanzleramt eingegangen sei, erfahren.

Wegen der Verschleppung al Masris hat die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) am Dienstag die CIA verklagt. Al Masris Anwalt sagte, seinem Mandanten sei die Einreise zu der ACLU-Pressekonferenz in die USA verwehrt worden.

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