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Eine Gedenktafel für Ismail Yasar, eines der Mordopfer des NSU.

© dpa

Richter Götzl will vorankommen: NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe wird fortgesetzt

Am Donnerstag wird in München der NSU-Prozess fortgesetzt, Richter Götzl treibt den Prozess energisch voran. Und schon am Freitag sollen fünf Zeugen zum Mord der Terrorgruppe an dem Türken Isamil Yasar in Nürnberg gehört werden.

Von Frank Jansen

Der Richter will vorankommen, die vollen bayerischen Sommerferien kommen als Pause nicht in Frage. So setzt Manfred Götzl, Vorsitzender Richter des 6. Strafsenats am Oberlandesgericht München, diesen  Donnerstag nach einem Monat Unterbrechung den NSU-Prozess fort – aber nicht mit einem so genannten Schiebetermin, bei dem lediglich ein paar Dokumente verlesen würden und die meisten Anwälte nicht kommen müssten. Zunächst wird ein Beamter des Bundeskriminalamts gehört, der sich zu den Vernehmungen des geständigen Angeklagten Holger G. im Ermittlungsverfahren äußern soll. Am Freitag sollen sich dann fünf Zeugen zum Mord des NSU an dem Türken Ismail Yasar in Nürnberg äußern.

Holger G. ist für die Bundesanwaltschaft von besonderer Bedeutung, weil er die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zumindest punktuell belastet hat. Im Juni schilderte er dem Strafsenat die Übergabe einer Waffe an Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Zschäpe habe ihn in Zwickau am Bahnhof abgeholt und zu der Wohnung der drei Untergetauchten gebracht. Dort habe dann entweder Mundlos oder Böhnhardt die Waffe durchgeladen. Die Übergabe soll sich im Jahr 2000 oder 2001 abgespielt haben. Die Waffe bekam Holger G. nach seinen Angaben vom Mitangeklagten Ralf Wohlleben. Der schweigt allerdings, genauso wie Zschäpe.

Es bleibt fraglich, ob Holger G. im Ermittlungsverfahren wie auch im Gericht alles berichtet hat, was er weiß und was er selbst getan hat. Der Angeklagte las im Juni ein vorformuliertes Geständnis vom Blatt ab, Fragen dazu hat er bislang nicht beantwortet. Womöglich will Holger G. wichtige Details lieber verschweigen. Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts soll Zschäpe im Juni 2011 den nahe Hannover wohnenden Holger G. aufgesucht haben, um einen gefälschten Reisepass für Böhnhardt abzuholen. Davon hat G. aber bislang nichts berichtet.

Aus Sicht von Bundesanwaltschaft und BKA verstärkt sich zudem der Verdacht, Zschäpe sei zumindest bei den letzten beiden Raubüberfällen von Mundlos und Böhnhardt über die Taten im Bilde gewesen. Die Männer hatten im Herbst 2011 zweimal in Thüringen zugeschlagen. Zunächst überfielen sie im September eine Filiale der Sparkasse in Arnstadt, dann am 4. November eine in Eisenach – diese Tat endete damit, dass Mundlos angesichts der nahenden Polizei in einem Wohnmobil erst Böhnhardt erschoss und dann sich selbst.

och unangenehmer könnte für Zschäpe die Beweiserhebung im Fall Ismail Yasar werden. Mundlos und Böhnhardt hatten den türkischen Imbissbetreiber im Juni 2005 in seinem Nürnberger Imbiss getötet. Eine Zeugin behauptet, sie habe Zschäpe nicht weit entfernt in einem Supermarkt gesehen. Sollte das stimmen, hätte sich Zschäpe zumindest bei einem der zehn Morde des NSU in der Nähe des Tatorts aufgehalten. Zschäpes Verteidiger bezweifeln aber, dass die Zeugin sich korrekt erinnert. Die Frau hatte ihre Geschichte erst nach dem Ende der Terrorgruppe im November 2011 der Polizei berichtet.

In dem Mammutprozess, der im Mai begann, gab es bislang 32 Verhandlungstage. Das befürchtete Chaos blieb aus, weil Richter Götzl energisch die Beweisaufnahme vorantreibt. Trotz der hohen Zahl an Nebenklage-Anwälten – in der Regel sind zwischen 50 und 60 anwesend – ist es Götzl gelungen, bereits fünf Morde des NSU sowie Zschäpes Brandstiftung in Zwickau in die Beweisaufnahme einzuführen. Einige Anwälte beklagen allerdings, dass es schwierig sei, den Überblick zu behalten, da an manchen Prozesstagen von einem Tatkomplex zum nächsten gesprungen werde.

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