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Politik: Rinderwahn: Künast rückt von Massenschlachtung ab

Die künftige Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) rückt aufgrund heftiger Proteste offenbar von dem Vorhaben der Bundesregierung ab, wegen der BSE-Krise 400 000 ältere Rinder schlachten und verbrennen zu lassen. Die Tiere sollten nach einem Vorschlag der Bundesanstalt für Landwirtschaft vom Bund aufgekauft werden.

Die künftige Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) rückt aufgrund heftiger Proteste offenbar von dem Vorhaben der Bundesregierung ab, wegen der BSE-Krise 400 000 ältere Rinder schlachten und verbrennen zu lassen. Die Tiere sollten nach einem Vorschlag der Bundesanstalt für Landwirtschaft vom Bund aufgekauft werden. Was danach mit ihnen geschieht, bleibt vorerst offen. "Es ist noch nichts entschieden", ließ Künast am Sonntag erklären. Gegen eine mögliche Massentötung hatten Umwelt- und Tierschützer sowie Politiker aus ethischen Gründen protestiert. Kritik an dem Vorhaben kam auch von den Grünen.

Grünen-Parteichef Fritz Kuhn bewertete Aufkauf-Aktionen grundsätzlich negativ: "Wir sollten das Geld besser einsetzen, um eine nachhaltige Landwirtschaft aufzubauen, und nicht, um bestehende Marktstrukturen zu zementieren", sagte er der "Berliner Zeitung". Er habe Verständnis für die Lage der Bauern, deren Ställe voll von Tieren seien, die sie nicht verkaufen könnten, sagte Kuhn. Der Staat könne aber das ökonomische Risiko der Bürger nicht komplett abfedern. "Wir sagen nicht definitiv Nein, stehen diesen Aufkäufen aber skeptisch gegenüber", erklärte der Parteichef. Der Grünen-Haushaltspolitiker Matthias Berninger forderte, die Tiere nicht zu verbrennen, sondern auf BSE zu testen und das unbedenkliche Fleisch im Ausland zu verkaufen, etwa nach Russland. Gegen eine massenhafte Verbrennung sprächen "ethische Gründe", sagte er dem Blatt.

Unterdessen weitete sich die BSE-Krise in Deutschland aus. In Schleswig-Holstein wurde am Samstag der insgesamt dritte BSE-Fall von der zuständigen Bundesforschungsanstalt in Tübingen bestätigt. Die beiden BSE-infizierten Tiere kommen aus einem Bestand, sind aber nicht verwandt.

Als Ursachen für die BSE-Übertragung werden so genannte Milchaustauscher für Kälber, ein mit tierischen Fetten angereicherter Milchersatz, sowie mit verbotenem Tiermehl verunreinigtes Kraftfutter vermutet. Erstmals wurden am Sonntag auch je ein Verdachtsfall in Österreich und Italien bekannt. Alarmiert über die Erkrankung eines Rindes in Bayern, das jünger als 30 Monate war, zeigte sich EU-Kommissar David Byrne. Bei so jungen Tieren sei BSE bisher nur bei der Epidemie in Großbritannien festgestellt worden. Dort wollen Wissenschaftler jetzt Milch auf den BSE-Erreger untersuchen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder trifft mit seinem neuen agrarpolitischen Kurs und der Kritik am Deutschen Bauernverband auf Widerspruch. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte am Sonntag beim Besuch eines Hofs in Bodenheim (Kreis Mainz-Bingen): "Wir haben kein Recht, diejenigen, die für vernünftige Lebensmittel sorgen, an den Pranger zu stellen." Schröder habe "scharf erkannt, dass die Mehrheit der Bauern nicht SPD wählt", und glaube deswegen, man könne diesen die Schuld zuweisen. Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Norbert Schindler, bezeichnete es als "Unverschämtheit und Gemeinheit, wie der Kanzler mit uns umgeht"

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