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Rösler-Rede: Keine Hysterie mehr an Bord der FDP

Der neue FDP-Parteichef Philipp Rösler schlägt einen leiseren Ton als sein Vorgänger Guido Westerwelle. Das heißt aber nicht, dass er die Konfrontation scheut. Gegen den Koalitionspartner bezog er in seiner Grundsatzrede gleich mehrfach Stellung.

Nein, eines hat Philipp Rösler, der neue FDP-Chef schnell, gleich am Anfang seiner Rede klar gemacht: Ein ängstlicher grüner Frosch ist er, der "nette Herr Rösler" nicht. Er springt nicht aus dem Wasserglas, wenn es mal heiß wird. Aber er ist wachsam, will nicht abwarten, bis es zu heiß geworden ist. Er passt auf, wenn die Temperatur steigt. Und die ist bei den Liberalen über Wochen deutlich über dem Siedepunkt gewesen.

Jetzt will Rösler aber etwas abkühlen, die Partei in Umfragen hoch-, in der Aufgeregtheit aber runterbringen. Eine Art Entspannungsprogramm - und das versucht er mit Witz, Ironie und einer neuen Tonlage durchzubringen. Immer wieder streut Rösler kleine Witze in seine Rede ein, wofür er viel Applaus bekommt. Kleine Anspielungen. Und er spricht - der größte Unterschied zu seinem Vorgänger Guido Westerwelle, der das gestern in seiner letzten Rede auch wieder bewiesen hat - deutlich ruhiger, leiser, unaufgeregter. Keine Hysterie mehr an Bord der FDP.

Aber das heißt nicht, dass Rösler mit Wattebäuschen werfen will - und nur spielen will. Im Gegenteil. An anderer Stelle hat er die Stimmung eher angeheizt. Denn gegenüber dem Koalitionspartner der FDP im Bund, der Union, hat er einen deutlich härteren und konfrontativeren Ton angeschlagen. Vor allem auf Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat er es abgesehen. Grenzkontrollen, für die sich die CSU auch ausgesprochen hatte, seien ein "Relikt aus alten Tagen und gehören nicht nach Europa", sagte Rösler. Er kündigte an, dass die FDP einer pauschalen Verlängerung, der noch von Rot-Grün beschlossenen Anti-Terror-Gesetze nicht zustimmen werde. Einige der Regelungen laufen im Januar 2012 aus. "Wir müssen jede einzelne Maßnahme auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen", sagte Rösler vor den über 600 Delegierten. "Gerade in Zeiten des internationalen Terrorismus braucht es eine Partei, die die Balance findet zwischen notwendiger Sicherheit auf der einen Seite und Freiheit auf der anderen Seite."

Auch in puncto Steuerpolitik hat sich Rösler auf Konfrontation eingestellt. Mit Rücksicht auf den Koalitionspartner hätten die Liberalen wichtige und dringende Projekte zurückgestellt. "Aber die Entlastung der Steuerzahler ist ein gemeinsames Versprechen der schwarz-gelben Koalition. Wir sind dazu bereit. Wir warten jetzt nur auf unseren Koalitionspartner.", sagte Rösler. Das Thema Bildung könnte ebenfalls zu Kontroversen führen. Denn Rösler hat sich für mehr Durchlässigkeit zwischen den Bundesländern ausgesprochen, was so in der Union auch nicht mehrheitsfähig ist.
Keinen Gegensatz soll es dagegen beim Thema Europa geben. "Solange ich Bundesvorsitzender bin, gibt es ein klares Bekenntnis der FDP zu dem großen gemeinsamen Projekt Europa." Rösler sagte das auch mit Blick auf einen Antrag einiger Delegierten, die den geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirm ablehnen.

Und so war Rösler auch von dem Motto geprägt: Angriff ist die beste Verteidigung. Rösler hat versucht aufzuzeigen, dass die FDP keine reine Steuersenkungs- und Mittelstandspartei ist. Allerdings liegt darin auch das Problem. Denn einen neuen Markenkern der FDP hat Rösler nicht aufzeigen können. Einen neuen liberalen Inhalt konnte Rösler am Samstag noch nicht präsentieren, aber zumindest schon mal eine neue Verpackung. Sein Stil ist ein anderer, seine Betonung. Zwar betont er, dass die FDP nicht die fünfte sozialdemokratische Partei in Deutschland sein könne. Und doch hat er versucht, sich als mitfühlender Liberaler zu zeigen: beim Thema Bildungspolitik, beim Thema Familienpolitik. Und auch beim Thema Arbeitnehmerpolitik. Selbst beim Thema Digitalisierung, wo er auch vor mächtigen Konzernen wie Apple warnt und nicht nur vor dem Staat. Sieht man aber von den Attacken auf die Union einmal ab, war es eine Grundsatzrede, die aber nicht so sehr das wirklich Grundsätzliche, sondern eher das Allgemeine, das Pauschale betonte. Viele Themenfelder hat er angerissen. Will er die FDP aus der Krise holen, wird er in den nächsten Monaten noch stärker deutlich machen müssen, was das Spezifische, das Neue der FDP sein soll. Nur kann sich Rösler trösten - vor diesem Problem stehen auch andere Parteichefs in Deutschland.

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