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© dpa

Roland Koch: ''Zur Partnerschaft gehört eine offene Diskussion''

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch begleitete den Dalai Lama zu Bundeskanzlerin Merkel. Mit dem Tagesspiegel sprach der CDU-Politiker über die heftige Reaktion Chinas auf den Besuch.

Herr Koch, Sie haben den Dalai Lama am Wochenende zu Angela Merkel ins Kanzleramt begleitet. War Ihnen klar, welche Reaktionen das Treffen auslösen würde?

Es war von Anfang an klar, dass die chinesische Regierung an ihrem Kurs festhalten würde, an jeder Stelle gegen Kontakte zum Dalai Lama zu protestieren. Das ist mir durch meine regelmäßigen Kontakte zum Dalai Lama vertraut – und trotzdem sind meine und die hessischen Beziehungen zu China ausgezeichnet. Klar war und ist, dass die chinesische Regierung genauso wie die Bundesregierung weiterhin ein großes Interesse an guten Beziehungen hat. Man darf die jüngste Entwicklung also nicht überbewerten.

SPD-Chef Kurt Beck sagt, er hätte sich mit dem Dalai Lama nicht im Kanzleramt, sondern an einem neutralen Ort getroffen. Warum musste es der Regierungssitz sein?

Die Entscheidung der Kanzlerin war goldrichtig. Ich verstehe auch nicht, was Herr Beck uns und den Chinesen eigentlich sagen will. Ich finde seinen Hinweis ziemlich künstlich. Was hätte es den geändert, wenn Frau Merkel den Dalai Lama in einem Restaurant getroffen hätte? Da ist sie doch auch Bundeskanzlerin.

Chinas Regierung kritisiert das Treffen als grobe Einmischung in innere Angelegenheiten. Wie erklären Sie sich diese Schärfe?

Die chinesische Führung – und das ist schmerzhaft für sie – muss zur Kenntnis nehmen, dass die freie Welt nicht bereit ist, das Thema der Menschenrechte und der Situation des tibetischen Volkes zu vergessen und zu verschweigen. Hinter den scharfen Worten steckt auch die Sorge, dass andere Staats- und Regierungschefs dem Beispiel der Kanzlerin folgen und dem Dalai Lama Unterstützung bei seinem friedlichen Kampf für mehr Autonomie für Tibet zusagen werden. Und das wird nach meiner Überzeugung und Hoffnung auch geschehen. Dadurch wird es für die chinesische Führung sehr viel schwieriger, vor Olympia 2008 die Menschenrechtsfrage aus der Diskussion herauszuhalten. Olympia in Peking ist für China eine große Chance, die das Land nutzen sollte.

Die chinesische Führung verlangt nun „effektive Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen zu eliminieren“. Was kann China realistischerweise erwarten?

Sie muss davon ausgehen, dass es sich bei Menschenrechtsfragen grundsätzlich nicht nur um innere Angelegenheiten handelt, die den Rest der Welt nichts angehen. Ich bin sicher, die Beziehungen werden sich schnell wieder normalisieren.

Das heißt, Chinas Kritik bleibt folgenlos?

China kann jedenfalls nicht damit rechnen, dass wir Treffen wie mit dem Dalai Lama in Zukunft unterlassen. Meiner Meinung nach bedarf es der freundlichen und gelassenen Antwort Deutschlands, dass wir enge und freundschaftliche Beziehungen zu China wünschen, dass zu fairer Partnerschaft aber auch eine offene Diskussion über kontroverse Fragen gehört.

Ist China in der Pflicht, seinen Einfluss auf die Militärdiktatur in Birma auszuüben, um eine blutige Niederschlagung der Proteste zu verhindern?

Natürlich ist die Verantwortung Chinas für das Geschehen an seinen Rändern groß. Das gilt auch für Birma. China hat dort Einfluss, es kann eine friedliche Lösung des Konflikts mit der Diktatur befördern. Diesen Einfluss sollte die chinesische Regierung auch geltend machen.

Die Fragen stellte Stephan Haselberger.

Roland Koch (49) ist seit 1999 Ministerpräsident in Hessen. Der CDU-Politiker hat sich schon mehrmals mit dem Dalai Lama getroffen und ist mit ihm auch öffentlich aufgetreten.

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