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Politik: Rolle vorwärts

Länderchefs: Rechtschreibreform tritt ab August 2005 in Kraft – kleine Änderungen noch möglich

Von Sabine Beikler

Berlin - So harmonisch verläuft nicht jede Ministerpräsidenten-Konferenz. Gut gelaunt und sehr einträchtig verkündete am Freitag Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und seinem rheinland-pfälzischen Amtskollegen Kurt Beck an seiner Seite, dass die Rechtschreibreform wie geplant am 1. August 2005 endgültig in Kraft treten kann. Mit diesem einstimmigen Entschluss hatte Anfang der Woche noch niemand gerechnet. Gastgeber Wowereit war sichtlich um gute Atmosphäre bemüht. Zur Entspannung hat vielleicht beigetragen, dass der Regierende Bürgermeister, der den Vorsitz der Konferenz übernommen hatte, seinem Vorgänger Stoiber am Donnerstagabend noch ein kleines Präsent überreicht hatte: ein Trikot von Hertha BSC mit der Aufschrift „Stoiber“ und einer „10“ hinten drauf. Blau-Weiß passt eben gut zu Weiß-Blau.

Die Debatten über die Rechtschreibreform hätten lange gedauert, sagte Wowereit. Stoiber habe auf Seiten der unionsregierten Länder bei den Konsensbemühungen „wesentlich zum Gelingen beigetragen“. Die Ministerpräsidenten unterstützen die zügige Berufung eines Rats für die deutsche Rechtschreibung. In diesem Gremium sollen sowohl Gegner als auch Befürworter der Rechtschreibreform sitzen. Nach Vorstellung der Länderchefs soll der Rat die Entwicklung der deutschen Sprache unbefristet begleiten und „Unebenheiten“, wie es Stoiber formulierte, in der Auseinander- und Getrenntschreibung, der Interpunktion und bei der Eindeutschung von Fremdwörtern aus dem Weg räumen - möglichst noch vor der offiziellen Einführung der neuen Rechtschreibung ab August 2005.

„Schlägt dieser Rat Veränderungen vor, können diese eingearbeitet werden“, sagte Wowereit. Eine zeitliche Verschiebung der Reform und eine „Rolle rückwärts“ werde es aber nicht geben. Der Rat wird von der Kultusministerkonferenz (KMK) eingesetzt, die voraussichtlich in der kommenden Woche darüber beraten wird. In der Auseinandersetzung um die Zukunft der KMK unterstrichen die Länderchefs, dass ein solches Gremium zur Koordinierung der Länder im Bildungsbereich unverzichtbar sei. Geschlossen kritisierten die Länderchefs ihren niedersächsischen Amtskollegen Christian Wulff (CDU), der den Austritt Niedersachsens aus der KMK kurz vor der Konferenz verkündet hatte. Stoiber sprach von „lebhaften Diskussionen“ bei den Kamingesprächen. Wowereit sagte, er habe den Eindruck, dass Wulff „durchaus nach Wegen sucht, gemeinsam mit uns“ die KMK weiterzuführen.

Mehr Bewegung von der Bundesregierung erwarten alle Länderchefs in der gemeinsamen Föderalismuskommission. Stoiber warnte erneut vor einem Scheitern des Gremiums und forderte eine „intensivere Begleitung“ der Bundesregierung. Deutschland werde durch die lange Dauer von Entscheidungsprozessen zwischen Bundestag und Bundesrat im europäischen Vergleich „ins Hintertreffen geraten“. Bundeskanzler Schröder müsse wissen, dass ein Scheitern der Kommission zu Lasten der Bundesregierung und nicht der Länder gehen werde. Stoiber und Wowereit wiesen darauf hin, dass die Länder sich in wesentlichen Fragen nicht auseinander dividieren lassen würden. Keinesfalls wollen sie auf ihre Mitspracherechte bei bestimmten EU-Entscheidungen verzichten.

Die Regierungschefs erwarten, dass die Arbeit der Föderalismus-Kommission bis Ende des Jahres abgeschlossen sein wird. Klaus Wowereit wagte eine Prognose: „Am Ende wird es so sein, dass der Kanzler auf den Tisch hauen muss.“

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