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Roman Herzog: Präsident der "Ruck-Rede"

Das Schicksal der Bundespräsidenten ist es, vor allem mit Reden (und weniger mit politischen Taten) Geschichte machen zu dürfen. Jedes der mittlerweile neun Staatsoberhäupter der Bundesrepublik hat hier seinen eigenen Akzent gesetzt.

Roman Herzog, der Nummer sieben, ist dabei etwas geglückt, was für seine beiden Nachfolger Johannes Rau und Horst Köhler zur Herausforderung wurde: Sich vom präsidialen Olymp ins politische Tagesgeschäft einzumischen, ohne die kleineren Götter in Kabinetten und Parlamenten allzu sehr vor den Kopf zu stoßen. Während Richard von Weizsäcker wohl vor allem wegen seiner Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes 1945 – von ihm als Befreiung proklamiert – in Erinnerung bleiben wird, hat Herzog mit seiner „Ruck-Rede“ von 1997 seiner Amtszeit einen Stempel aufgedrückt: Er war der Präsident, der Regierende und Bürger aufzurütteln versuchte, mit einer Reformpolitik Staat und Gesellschaft für kommende Zeiten zu rüsten. Dass er dazu Gelegenheit bekommen würde, war trotz des großen Ansehens des ehemaligen Verfassungsgerichtspräsidenten so sicher nicht. Er kam 1994 erst kurzfristig zum Zug, weil der von der Union nominierte sächsische Politiker Steffen Heitmann seine Kandidatur zurückzog.

Tagespolitik war Herzog nicht fremd, als Minister in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sammelte der vormalige Rechtsprofessor zwischen 1973 und 1983 seine Erfahrungen. Als Präsident des Verfassungsgerichts galt der joviale Protestant aus Niederbayern als liberaler Richter. Nach seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt hörte Herzog nicht auf, „Ruck- Reden“ zu halten – gern im Umfeld einer Altenteilorganisation namens „Konvent für Deutschland“, in der sich eine Reihe von unruhigen Pensionären zum Einmischen in die Tagespolitik versammelt hat. An diesem Sonntag wird Herzog, bei guter Gesundheit, 75 Jahre alt. afk

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