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Politik: Rot-Grün sieht sich durch Prodi bestätigt - Gegensätzliche Interpretationen des Briefs an Stoiber

Ein Brief von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zum geplanten Atomausstieg in Deutschland hat den Streit um das rot-grüne Kernprojekt angeheizt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und andere Koalitionspolitiker wiesen am Donnerstag und Freitag Deutungen zurück, Prodi habe "Bedenken" gegen den Ausstieg angemeldet.

Ein Brief von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zum geplanten Atomausstieg in Deutschland hat den Streit um das rot-grüne Kernprojekt angeheizt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und andere Koalitionspolitiker wiesen am Donnerstag und Freitag Deutungen zurück, Prodi habe "Bedenken" gegen den Ausstieg angemeldet. Vielmehr hoben sie eine Passage hervor, in der Prodi anmerkt, "nach allgemeiner Auffassung" überlasse der Euratom-Vertrag "den einzelnen Mitgliedstaaten die Wahl, über die Einführung bzw. Beibehaltung der Nutzung von Kernenergie zur Energieerzeugung zu befinden". Die CSU stellte unterdessen klar, dass sie keine Beteiligung an den Ausstiegs-Verhandlungen anstrebt, sondern nur in der Frage der Atommüll-Entsorgung einbezogen werden will.

Trittin erklärte in Berlin, Prodi habe sich nicht gegen den Atomausstieg in Deutschland gewandt, vielmehr sei das Gegenteil richtig. Der Fraktionschef der SPD-Europaabgeordneten, Görlach, sagte im InfoRadio, Prodi habe "in keinem einzigen Satz" Bedenken gegen den Atomausstieg vorgebracht. Der Kommissionspräsident hatte in einem Schreiben an den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) Stellung zum Atomausstieg bezogen. Er reagierte mit dem Brief auf eine Anfrage Stoibers vom Februar. Dieser hatte die EU-Kommission um Prüfung gebeten, ob der Atomausstieg "mit den Verpflichtungen Deutschlands aus dem EG-Vertrag und dem Euratom-Vertrag vereinbar ist". Görlach betonte, einzelne Verpflichtungen des Euratom-Vertrages wie etwa der Transport von Nuklearmaterial durch die Mitgliedstaaten müssten natürlich beachtet werden. Das habe mit dem Atomausstieg aber nichts zu tun. SPD-Fraktionsvize Michael Müller erklärte in Berlin, die Auseinandersetzung um den Atomausstieg nehme "groteske Züge" an, wenn ausgerechnet der "Eurokritiker" Stoiber den Zentralismus der Brüsseler Behörde für seine Ziele in Anspruch nehmen wolle. Die Ausstiegsverhandlungen sollen am 2. Mai auf Expertenebene fortgesetzt werden. Laut forsa-Umfrage befürwortet die Mehrheit der Deutschen den Ausstieg aus der Kernenergie.

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