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Politik: Rot-Rot in Schwerin steht auf dem Spiel

Erst prima Klima, dann zähes Ringen – SPD und PDS im Nordosten kämpfen ohne Koalitionsaussage

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Die Neuauflage der rot-roten Koalition in Mecklenburg-Vorpommern ist kein Selbstläufer, anders als noch vor vier Jahren. Am 17. September wird im Nordosten gewählt, zeitgleich mit den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus. Sowohl die SPD wie auch die Linkspartei/PDS verzichten im Wahlkampf auf eine Koalitionsaussage. Geht das erste rot-rote Bündnis auf Landesebene, 1998 in Schwerin begründet, seinem Ende entgegen?

Tatsache ist: Nachdem die erste gemeinsame Legislaturperiode bis 2002 vom in Schwerin sprichwörtlichen „prima Klima“ geprägt war, folgte in den Jahren danach ein oft zähes Ringen. Besonders der Streit über das wichtigste Reformprojekt der Koalition, die umfassende Verwaltungsreform, hat manche Sozialdemokraten vergrätzt. Aufgebraucht sind die Gemeinsamkeiten jedoch noch nicht. Bei der Bildungs- und der Arbeitsmarktpolitik stehen sich SPD und Linkspartei näher als SPD und CDU. Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) aber gibt sich wenigstens nach außen hin offen für andere Konstellationen als Rot-Rot. Nach der Wahl werde man sehen, „mit wem man am meisten von seinen eigenen Vorstellungen durchsetzen kann“, sagt Ringstorff – und wählt damit fast ähnliche Worte wie SPD-Landeschef Till Backhaus, dem schon seit längerem Sympathien für eine große Koalition aus SPD und CDU nachgesagt werden. Wirtschaftspolitisch gibt es manche Gemeinsamkeiten mit der CDU. Außerdem haben die Christdemokraten eine wichtige Hürde vor einer Zusammenarbeit mit der SPD aus dem Weg geräumt. Ringstorffs Lieblingsfeind Eckhardt Rehberg, jahrelang Oppositionsführer in Schwerin, sitzt seit Herbst vergangenem Jahres im Bundestag. Der sehr viel moderatere Jürgen Seidel, Landrat des Müritz-Kreises, wurde Spitzenkandidat.

Seidel selbst weiß so recht keine Antwort auf die Frage, warum Ringstorff auf eine Koalitionsaussage verzichtet hat. Erwägt er ernsthaft den Wechsel des Koalitionspartners? Beobachter vermuten, Ringstorff habe allein taktisch Gründe für sein Vorgehen gewählt. Indem er sich nicht vorschnell auf den künftigen Koalitionspartner festlegt, fällt es ihm leichter, mögliche neue Ansprüche der PDS abzuwehren. Mit denen ist zu rechnen: Der SPD, die noch vor vier Jahren auf 40,6 Prozent der Stimmen kam, werden in Umfragen inzwischen nur noch gut 30 Prozent vorausgesagt, umgekehrt dürfte die PDS (2002: 16,4 Prozent) ihren Anteil vergrößern – nach jüngsten Umfragen werden ihr bis zu 23 Prozent vorausgesagt. Die CDU (2002: 31,4 Prozent) bleibt voraussichtlich in etwa stabil. Ganz sicher, dass das rot-rote Bündnis über den Wahlsonntag in drei Wochen hinaus Bestand haben wird, ist deshalb auch Wolfgang Methling nicht, der Schweriner Umweltminister ist der Spitzenkandidat der Linkspartei. Er hat die Sorge, eine künftige Koalition könnte nicht genug Gemeinsamkeiten finden. Für den Wahlkampf aber gefällt der PDS der Verzicht auf eine Koalitionsaussage, gibt er ihr doch die Chance, sich von der Rolle des willfährigen Juniorpartners zu lösen.

Auf taktische Spielchen will sich die CDU in dieser Lage nicht einlassen. „Rot-Rot muss abgewählt werden“, betont Kanzlerin Angela Merkel – erst am Freitagabend beim Wahlkampfauftakt in Waren an der Müritz. Viele Beobachter meinen zwar, die CDU werde nur Chancen auf eine Zusammenarbeit mit der SPD haben, wenn sie als zweiter Sieger ins Ziel geht. Liege nämlich die CDU vorn, werde sich Ringstorff lieber mit einer kleinen rot-roten Koalition den Sessel des Regierungschefs sichern. Doch auch zu dieser Spekulation gibt es eine Antithese: Die besagt, dass die CDU erst dann zum Zug kommen würde, wenn die SPD richtig in den Keller geht – und eine Personaldebatte über Ringstorff beginnt.

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