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Politik: Rotes Kreuz: USA foltern in Guantanamo

Helfer erheben nach Besuch auf Militärstützpunkt schwere Vorwürfe / Auch Ärzte werden beschuldigt

Im US-Militärgefängnis in Guantanamo wird nach Erkenntnissen des Roten Kreuzes systematisch gefoltert. Das geht aus einem vertraulichen Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) hervor, wie am Dienstag die „New York Times“ berichtete. Es ist das erste Mal, dass das IKRK derart schwere Vorwürfe erhebt. Das US-Militär habe absichtlich psychischen und auch physischen Zwang eingesetzt, der „gleichbedeutend mit Folter“ sei, heißt es in dem Bericht. Vertreter des Roten Kreuzes hatten im Juni 2004 das Gefängnis auf demMilitärstützpunkt Guantanamo besucht.

Das US-Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe des Roten Kreuzes in scharfer Form zurück. Das Gefängnis in Guantanamo werde „sicher, human und professionell" betrieben“, sagte ein Sprecher des Pentagon. Das IKRK, das die Ergebnisse seiner Untersuchungen traditionell vertraulich behandelt, wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren.

Der Bericht wurde laut „New York Times“ im Juli der US-Regierung übermittelt. Der Zeitung liegt ein Memorandum vor, das auf dem Bericht basiert. Darin heißt es, die Gefangenen wurden in Einzelhaft festgehalten, extremen Temperaturen ausgesetzt, mit lauter Musik beschallt, in unangenehmen Positionen gefesselt und geschlagen. Das System sei „zunehmend repressiver“ geworden. „Die Konstruktion eines solchen Systems kann nicht anders als grausame, außergewöhnliche und erniedrigende Behandlung und als eine Form von Folter bezeichnet werden“, heißt es in dem Bericht weiter. Als Folge der Tortur seien einige Häftlinge psychisch erkrankt.

Gravierende Vorwürfe erhebt das IKRK auch gegen einige Ärzte in Guantanamo. Sie arbeiteten mit den Ermittlern zusammen und verrieten Informationen über die geistige Gesundheit und Schwachstellen von Häftlingen an die Ermittler. Psychologen und Verhörer arbeiteten eng zusammenarbeiten, um den Willen der Gefangenen zu brechen.

Auf dem US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba werden rund 550 von den USA als „feindliche Kämpfer“ eingestufte Personen ohne Zugang zu Rechtsanwälten festgehalten. Die meisten wurden bei der US-Militäroperation in Afghanistan festgenommen. Nur gegen vier Gefangene wurde bisher Anklage erhoben.

Eine US-Menschenrechtsorganisation erstattete am Dienstag in Deutschland Anzeige gegen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, den früheren CIA-Chef George Tenet und acht weitere hochrangige Vertreter von Regierung und Militär. Die Menschenrechtler legen ihnen zur Last, für Kriegsverbrechen und Folter im irakischen Gefängnis Abu Ghraib verantwortlich zu sein. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe muss die Anzeige prüfen. Die Chancen, dass sie juristische Folgen haben wird, gelten aber als vergleichsweise gering. Nach dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch, auf das sich die Anzeige beruft und das seit zwei Jahren gilt, wurde bisher nicht ein einziges Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Initiatoren wollen mit der Anzeige jedoch auch auf die Straflosigkeit der Vorgesetzten im Abu-Ghraib-Skandal hinweisen. „Es ist eine Schande, dass die USA sich weigern, die Rolle derjenigen bei diesen schrecklichen Verbrechen zu untersuchen, die in der Befehlskette ganz oben standen“, erklärte Michael Ratner, Präsident der Menschenrechtsorganisation „Center for Constitutional Rights“.

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