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Erklären und vermitteln ist sein Beruf: Walter Lindner, neuer Staatssekretär im Auswärtigen Amt.

© Doris Spiekermann-Klaas

Rückkehr ins Auswärtige Amt: Diplomat mit Pferdeschwanz

Sigmar Gabriel hat einen anderen Führungsstil als sein Vorgänger Frank-Walter Steinmeier. Für seinen neuen Staatssekretär ist das eine Herausforderung.

Von Hans Monath

Der deutsche Botschafter in Pretoria hatte sich auf eine längere Amtszeit in Südafrika eingestellt. Doch eineinhalb Jahre nach seiner Ankunft erreichte Walter Lindner Ende Januar spätabends ein Anruf aus Berlin. Am Apparat war Sigmar Gabriel, der den 60 Jahre alten Diplomaten fragte, ob er nicht Staatssekretär im Auswärtigen Amt (AA) werden wolle. Der Posten war frei geworden, weil Gabriels Vorgänger Frank-Walter Steinmeier mit Stephan Steinlein einen seiner zwei Staatssekretäre mit ins Bundespräsidialamt mitnimmt. Gabriel stehen als Vizekanzler drei Staatssekretäre zu. Aus seinem bisherigen Wirtschaftsressort bringt er Rainer Sontowski mit, der die SPD-Ministerien koordiniert.

Kennengelernt hatte Gabriel Lindner, als er als Umweltminister der ersten großen Koalition (2005 bis 2009) zu UN–Klimaverhandlungen nach Nairobi flog. Dort fiel ihm der fast zwei Meter große Mann mit dem akkurat gescheitelten und zum Zopf gebundenen Haar auf. Der deutsche Botschafter in Kenia hatte im Gegensatz zu manchen anderen Diplomaten keine Scheu, seine Meinung zu sagen. Der Minister und der Botschafter konnten gut miteinander – und hielten seither Kontakt.

SPD-Mitglied Lindner, der ein begnadeter Jazz- und Rockmusiker ist, hat mit eigenwilligen Chefs Erfahrung: Von 2002 an diente er Joschka Fischer bis zum Ende der rot-grünen Koalition als Sprecher. Legendär war seine Standardauskunft zum Stand des Prüfverfahrens für den Export der Hanauer Plutonium-Fabrik nach China, der zwischen SPD und Grünen hoch umstritten war: „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“. Für das AA hat der gebürtige Bayer schon viele Funktionen übernommen: Der Afrika-Kenner war unter fünf Ministern unter anderem Krisenbeauftragter, mehrfach Botschafter und Ebola-Beauftragter.

Gabriel hatte in seiner Antrittsrede im AA selbst angesprochen, dass sein politischer Stil die Diplomaten zuweilen fordern oder brüskieren könne. Zu Lindners Aufgaben dürfte es deshalb auch gehören, zwischen Gabriel und seinem Ministerium zu vermitteln. Der scheidende SPD-Chef ist ein Kämpfer, der aus der Macht und für die Macht lebt, oft intuitiv agiert und nicht immer alle einbindet – darin ist er Fischer sicher ähnlicher als Steinmeier. Die Erfahrung der SPD, dass der Chef über Nacht oder übers Wochenende ganz alleine ein neues, Kurs-änderndes Papier geschrieben hat, dürfte auch die AA-Leitungsebene noch häufiger machen.

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