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Peter Gauweiler klagte auch gegen die Euro-Rettungspolitik vor dem Bundesverfassungsgericht.

© AFP

Rückzug von Peter Gauweiler: Die Rolle des Euro-Kritikers hat ausgedient

Peter Gauweilers Rückzug zeigt: Das Nein-Sagen wird zunehmend als Ritual wahrgenommen - und Kanzlerin Angela Merkel muss ein Scheitern ihrer Euro-Politik weniger fürchten denn je. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Leber

Es gab einmal Zeiten, da war Peter Gauweiler wichtig für die Glaubwürdigkeit der Union – und die der CSU im besonderen. Vor anderthalb Jahren hatte Horst Seehofer den umstrittenen Münchner ausdrücklich gebeten, sein Stellvertreter im CSU-Vorsitz zu werden: Seht her, liebe AfD, wir in Bayern zeigen euch mal, was ein waschechter Euro-Kritiker ist – das sollte Seehofers Botschaft sein.

Sie verfing schon damals nicht. Viele Wähler in Bayern durchschauten die taktische Personalie und ließen die CSU bei der Europawahl 2014 auflaufen. Gauweilers Schicksal war besiegelt. „Entweder ich oder ihr“, soll Seehofer ihm Anfang März zugeraunzt haben, nachdem dieser zusammen mit Peter Ramsauer und 27 anderen Unionsabgeordneten im Bundestag gegen weitere Finanzhilfen für Griechenland gestimmt hatte.

Den Rückzug von Peter Gauweiler sollte man schade finden

Als Abgeordneter war Gauweiler ein Original, für eine abweichende Meinung war er immer zu haben. Dass Gauweiler zeitweise die meisten Fehltage und gleichzeitig die höchsten Nebeneinkünfte im Bundestag aufwies, hat seiner öffentlichen Wirkung nicht geschadet. Man muss auch seine Position zum „Esperantogeld“ (Gauweiler) oder seine Kritik an den Russland-Sanktionen nicht teilen, um seinen Rückzug schade zu finden. Denn an Gleichförmigkeit herrscht im Bundestag nun wirklich kein Mangel.

Möglicherweise hat Gauweiler aber auch einsehen müssen, dass seine letzte Rolle im Parlament – die des aufrechten Euro-Kritikers – einfach ausgedient hat. Auf den ersten Blick mag das paradox erscheinen, wo doch die Aufregung um den Stinkefinger-Auftritt des griechischen Finanzministers gerade abgeklungen ist und das dicke Ende erst noch bevorstehen könnte. Aber nicht nur Gauweiler, auch die anderen CDU/CSU-Zweifler am Euro-Rettungskurs müssen die Erfahrung machen, dass ihr abweichendes Stimmverhalten zunehmend als ritualhaft gilt. Ihr Einfluss auf den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel oder Finanzminister Wolfgang Schäuble jedenfalls ist mehr denn je begrenzt, was nicht so sehr an ihnen selbst liegt.

Die Folgen eines Grexits haben die deutschen Wähler längst eingepreist

Eher ist es so, dass Merkel mit dem Auftreten der Syriza-Regierung in Athen gewissermaßen zu ihrer eigenen Euro-Kritikerin geworden ist. Wie kann das gehen? Die verständnisvollen Worte der Kanzlerin im Umfeld des Besuchs von Griechenlands Premier Alexis Tsipras dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schuldfrage aus deutscher Sicht längst geklärt ist, sollte es eines Tages doch noch zum Ausscheiden des Landes aus der Euro-Zone kommen. Der deutsche Staat müsste dann rund 70 Milliarden Euro abschreiben, immerhin ein Viertel des jährlichen Bundeshaushalts.

Vor diesem Szenario hatten Abgeordnete wie Gauweiler immer gewarnt – neben der AfD, der eine populistische Tonlage oft wichtiger ist als ein seriöses Abarbeiten am währungspolitischen Gründungsthema. Die Schuldfrage war die entscheidende argumentative Waffe im Arsenal der Euro-Kritiker. „Sparer und Steuerzahler haften“, lautet ein Slogan der AfD aus dem Bundestagswahlkampf. Einen Verlust der deutschen Staatsgarantien im Falle eines Grexits und einer griechischen Insolvenz aber scheinen die deutschen Wähler längst eingepreist zu haben. Ein Scheitern ihrer Euro-Politik muss Merkel weniger fürchten denn je.

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